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Führungswechsel: Neuer Fahrplan bei der Bahn

Der designierte Chef Rüdiger Grube steht vor einer großen Aufgabe: In den wichtigsten Sparten brechen der Bahn die Gewinne weg.

Berlin - Hartmut Mehdorn hat keine Angst. „Mir ist es um das Unternehmen nicht bange“, schrieb der scheidende Bahn-Chef am vergangenen Montag an seine Leute. Zwar werde die globale Krise „sehr schwer“, doch die Bahn sei „erfolgreich neu ausgerichtet“. Sie könne sogar gestärkt daraus hervorgehen, findet er, „denn die Weichen sind richtig gestellt“.

Der Daimler-Manager Rüdiger Grube, Mehdorns designierter Nachfolger an der Spitze des Staatskonzerns, steht dennoch vor einer Mammutaufgabe, allein schon wegen der Datenaffäre. Das liegt zum einen an der schieren Größe: Die Bahn beschäftigt 240 000 Mitarbeiter in mehr als 130 Ländern und ist der zweitgrößte Transportkonzern der Welt. Zum anderen steht die Bahn vor schweren Zeiten – nicht nur wegen der Wirtschaftskrise.

Von der Rezession sind die besten Kunden der Bahn betroffen: Autobauer, Stahlkocher, Kraftwerke. Weil sie kaum noch Bestellungen für ihre Produkte hereinbekommen, hat die Bahn nicht mehr viel zu transportieren. 35 000 Güterwaggons hat sie bereits auf Abstellgleisen geparkt. 5 000 Beschäftigte sind bereits in Kurzarbeit, bald wohl noch mehr. „Eine schnelle Erholung wird es von heute auf morgen nicht geben, auch nicht im besten Szenario“, schwante Mehdorn bei seinem Abschiedsauftritt. Zwar verkündete er dort Rekordzahlen, 33,5 Milliarden Umsatz und 2,48 Milliarden Euro Gewinn. Kritiker sind indes skeptisch. „ Die Blütezeit der Bahn geht bald zu Ende“, findet Michael Holzhey, Bahn-Experte bei der Unternehmensberatung KCW.

Dabei ist die Logistiksparte – also die Güterbahn Schenker Rail und der Spediteur Schenker Logistics – nur die zweitstärkste Gewinnsäule der Bahn, trotz aller kostspieligen Zukäufe der vergangenen Jahre. Sie ist eng mit der weltweiten Konjunkturentwicklung verknüpft, der Welthandel dürfte in den kommenden Jahren aber nur sehr zögerlich wachsen, wenn überhaupt.

Unter einem ähnlichen Druck steht der größte Gewinnbringer der Bahn, der Regionalverkehr. Hier fährt die Bahn Züge, die Länder und Verkehrsverbände bei ihr bestellen – mit sieben Milliarden Euro aus der Kasse des Bundes. War sie hier in früheren Jahren Quasi-Monopolist, hat die Konkurrenz seit einiger Zeit enorm zugenommen. Nur 29 Prozent des im Wettbewerb ausgeschriebenen Marktes hat die Bahn im vergangenen Jahr gewonnen. „In den kommenden fünf bis acht Jahren wird die Bahn hier einen gewaltigen Gewinneinbruch erleiden“, befürchtet KCWMann Holzhey. Denn in der nahen Zukunft werden zwei Drittel der Strecken neu vergeben. „Wir müssen besser abschneiden“, sagte Regio-Chef Ulrich Homburg kürzlich dem Tagesspiegel. Die Bahn ist allerdings bei den Personalkosten deutlich teurer als die Konkurrenz – um bis zu 40 Prozent. Schon jetzt stehen Homburg zufolge allein in Berlin und Brandenburg mehrere hundert Arbeitsplätze auf dem Spiel, sollte die Bahn bei der aktuellen Ausschreibung unterliegen.

Zu einer Ertragsperle hat sich dagegen der Fernverkehr mit ICs und ICEs entwickelt, auch wegen der hohen Spritpreise. Probleme lauern aber auch hier: Bis 2020 muss die Bahn neue IC- und ICE-Züge kaufen – für viel Geld. Regelmäßige kräftige Preiserhöhungen sind daher wahrscheinlich, um auch nur eine einigermaßen auskömmliche Rendite einzufahren. Das Lieblingsprojekt Mehdorns, der Börsengang, dürfte vorerst schwer zu erreichen sein. Der neue Chef Grube muss darüber ohnehin nicht nachdenken – die SPD hat auf das Projekt keine Lust mehr.

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