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Wirtschaft: Fünf Siemens-Manager nach Razzia festgenommen

Vorwurf der Untreue scheint sich nach ersten Zeugenbefragungen zu erhärten / 20 Millionen Euro auf schwarzen Konten

München – Im Zuge der groß angelegten Razzia wegen Untreuevorwürfen bei Siemens sind inzwischen fünf Konzernmitarbeiter festgenommen worden. Unter ihnen ist auch ein früherer Bereichsvorstand der inzwischen aufgelösten Kommunikationssparte Com. Ein weiterer ehemaliger Vorstand einer anderen Konzernsparte gehört ebenfalls zu den Beschuldigten, wurde aber nicht verhaftet. „Nach vorsichtiger Bewertung der bisherigen Ermittlungsergebnisse hat sich der Tatverdacht erhärtet“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld in München.

Sowohl die Beschuldigten als auch mehrere Zeugen seien zwischenzeitlich vernommen worden. Drei der Beschuldigten haben Schmidt-Sommerfeld zufolge bereits umfassende Angaben gemacht. Diese sollen nun ausgewertet und mit den sichergestellten Unterlagen abgeglichen werden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft richten sich die Untreuevorwürfe gegen insgesamt zehn ehemalige und noch aktive Mitarbeiter von Siemens sowie gegen zwei weitere Beteiligte. Siemens selbst hatte zunächst nur von sechs Mitarbeitern berichtet.

Schmidt-Sommerfeld sagte, es bestehe der Verdacht, dass die überwiegend in der Com-Sparte tätigen Mitarbeiter seit 2002 rund 20 Millionen Euro aus diesem Geschäftsbereich über Tarnfirmen und Offshore-Gesellschaften sowie deren Schweizer und Liechtensteiner Konten ausgeschleust hätten. Die Staatsanwaltschaft will jetzt prüfen, ob und in welchem Umfang das Geld zu Schmiergeldzahlungen verwendet wurde. Siemens zeige sich in der Untersuchung kooperativ, hieß es bei der Staatsanwaltschaft.

Am Mittwoch hatten 250 Polizisten und 23 Staatsanwälte 30 Firmengebäude und Privatwohnungen von Mitarbeitern in München, Starnberg, Garmisch-Partenkirchen, Traunstein, Kempten, Erlangen und Wien durchsucht und dabei Akten, Computer und weiteres Beweismaterial beschlagnahmt.

Staatsanwalt Schmidt-Sommerfeld sagte, die Ermittlungen seien aufgrund einer anonymen Anzeige sowie aufgrund von Rechtshilfeersuchen aus der Schweiz und Italien eingeleitet worden. Branchenkreisen zufolge haben Schweizer Banken das geheime Finanzsystem entdeckt. Nach dem vor drei Jahren verschärften Geldwäschegesetz sind Kreditinstitute dazu verpflichtet, auffällige Transaktionen den Behörden zu melden. Gerüchten zufolge könnte es aber auch Hinweise aus dem Nokia-Konzern gegeben haben. Zusammen mit Nokia hat Siemens ein Gemeinschaftsunternehmen für das Telefonnetzgeschäft gegründet, das 2007 den Betrieb aufnehmen soll. Nokia habe möglicherweise vor dem Geschäftsstart Unsauberkeiten beseitigen wollen, hieß es. Denkbar sei auch, dass ehemalige Mitarbeiter der Kommunikationssparte noch Rechnungen mit Siemens offen hätten. Mit der Auflösung der Sparte verloren viele Mitarbeiter ihren Job.

Das international weit verzweigte geheime Finanzsystem soll Branchenkreisen zufolge dazu gedient haben, Bestechungsgelder an mögliche Auftraggeber zu zahlen. Die Beschuldigten sollen als Treuhänder für Firmen und Konten agiert haben, über die Millionenbeträge geschleust wurden. Die Transaktionen seien über Firmen aus den USA oder den Virgin Islands in der Karibik gelaufen. Die ausländischen Firmen sollen bei der Kommunikationssparte hohe Rechnungen für Dienstleistungen gestellt haben. Nachdem das Geld dem Konzern nicht mehr offiziell zugeordnet werden konnte, hätten die Treuhänder über das Geld frei verfügen können.

Nicole Huss

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