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Wirtschaft: Für die Börsenpläne der RAG wird es eng

Die Tariflöhne steigen wieder kräftiger / 2007 wird in fast allen Branchen neu verhandelt / Große Koalition sucht Kohlekompromiss

Berlin - Die Entscheidung über den deutschen Steinkohlebergbau steckt fest im Gestrüpp der politischen Interessen. Eigentlich sollte in den kommenden Tagen in Berlin festgelegt werden, ob die Zechen spätestens 2018 die Kohleförderung einstellen, wie die CDU möchte, oder ob es einen Sockelbergbau über den Termin hinaus geben wird – das fordern SPD und Gewerkschaft. Doch beim Spitzengespräch der Regierungskoalitionäre am heutigen Mittwoch wird das Thema vermutlich nur eine Randrolle spielen, so dass auch die eigentliche Kohlerunde am Donnerstag ohne Ergebnis bleiben dürfte.

Die Minister für Wirtschaft und Finanzen sowie der Kanzleramtsminister treffen sich mit den Ministerpräsidenten aus den Kohleländern Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie Vertretern der RAG und der IG Bergbau, Chemie, Energie, um den kompletten oder teilweisen Ausstieg aus der Steinkohle zu beschließen. Das wollten sie bereits bei ihrem letzten Treffen am 29. November auf der Basis eines Eckpunktepapiers. Darin heißt es, dass sich die Beteiligten „darauf verständigt haben, den subventionierten Steinkohlebergbau in Deutschland zum Ende des Jahres (2012, 2014, 2016, 2018) zu beenden“. Das Datum blieb also offen.

Es kam aber am 29. November nicht zu einer Einigung, weil die SPD anstelle des Ausstiegs einen Sockelbergbau forderte. Der energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion bekräftigt diese Position. Ein Sockelbergbau mit einer jährlichen Förderung von bis zu zehn Millionen Tonnen sei erforderlich, „um künftigen Generationen den Zugang zu den Lagerstätten offenzuhalten“, sagte Hempelmann dem Tagesspiegel. Da sich die Politik derzeit nicht einigen könne, regte Hempelmann an, die Entscheidung über Ausstieg oder Sockel auf das Jahr 2012 zu verschieben. Bereits heute allerdings müsse die Finanzierung eines solchen Sockels geklärt werden, inklusive Haftungsausschluss für die RAG. Die RAG will die Haftung für die Altlasten der Steinkohle einer Stiftung übertragen. Die Mittel für die Stiftung sollen aus RAG-Rücklagen sowie dem geplanten Börsengang der RAG stammen.

Für den Börsengang, der im ersten Halbjahr 2007 geplant ist, wird es aber eng, wenn nicht bald die Grundsatzentscheidung getroffen wird. Spätestens im Januar, so heißt es in der Essener RAG- Zentrale, müssten alle Fragen geklärt sein. Einen Sockelbergbau lehnt die RAG als unvereinbar mit dem Börsengang ab. Bund und Länder sind wegen der Kosten dagegen: Eine Sockelförderung von zehn Millionen Tonnen wird mit bis zu 1,5 Milliarden Euro Subventionen veranschlagt.

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wirft der SPD vor, mit der Sockeloption den Börsengang der RAG, den alle Parteien befürworten, zu torpedieren. Womöglich wollen die Sozialdemokraten damit aber auch Rüttgers nur zum Einlenken zwingen. Denn bislang will die NRW-CDU einen frühen Ausstieg, der jedoch nur mit betriebsbedingten Kündigungen möglich wäre. Wenn sich Rüttgers indes auf das Ausstiegsdatum 2018 einließe, inklusive einer Überprüfung des Ausstiegs im Jahr 2012, könnte es eine Einigung geben. Vielleicht sogar in dieser Woche.

Berlin - Der konjunkturelle Aufschwung ist nun auch bei den Arbeitnehmern angekommen: Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben für 2006 eine Tariflohnsteigerung von 1,4 Prozent errechnet. Das gewerkschaftsnahe WSI-Tarifarchiv kommt sogar auf einen Anstieg von 1,5 Prozent. „Das ist zumindest der Beginn einer Trendwende“, stellte der Leiter des Tarifarchivs, Reinhard Bispinck, am Dienstag fest. 2007 werden die Abschlüsse nach Expertenansicht deutlich höher ausfallen. Dafür sprechen die robuste Konjunktur, hohe Unternehmensgewinne, eine sinkende Arbeitslosigkeit und die Mehrwertsteuererhöhung.

In fast allen Branchen wird wieder über Löhne und Gehälter verhandelt, unter anderem weil viele mehrjährige Tarifverträge auslaufen.

Den Anfang macht die chemische Industrie am 2. Februar. Der Vorstand der IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) will „eine spürbare Einkommenserhöhung“ für die Beschäftigten durchsetzen.

Auch die Bahngewerkschaften streben reale Einkommensverbesserungen an. Dies bedeute, „dass die Abschlüsse Produktivitätssteigerungen berücksichtigen, einen Ausgleich für zu erwartende Mehrbelastungen der Menschen schaffen und zugleich für mehr Geld im Portemonnaie sorgen“, erklärten sie.

Eine besondere Rolle wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent spielen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes könnte dadurch die Inflation zusätzlich um bis zu 1,4 Prozentpunkte in die Höhe schnellen, also möglicherweise die Drei-Prozent-Marke überspringen. Die IG Metall will deshalb die ersten Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise abwarten, bevor sie ihre Forderung im Februar abgibt. Bereits jetzt ist aber eine Bandbreite zwischen fünf und sieben Prozent in der Diskussion. Denn die wirtschaftliche Situation in der Metall- und Elektroindustrie sei deutlich besser als die allgemeine Konjunktur, teilte die IG Metall mit. Oftmals werde am oberen Rand der Kapazitätsgrenze produziert. „Besonders wegen der kräftig steigenden Auslandsnachfrage kann 2006 mit einem Produktionsplus von mehr als sieben Prozent gerechnet werden“, hieß es.ysh

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