zum Hauptinhalt
Keine krummen Dinger. Bei Solon, hier Module der Firma in Berlin-Adlershof, hofft man auf den arabischen Investor Microsol. Doch welche Absichten hat er wirklich?Foto: p-a/dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Für Solon wird die Zeit knapp

Diese Woche entscheidet sich die Zukunft der Berliner Solarfirma. Die Mitarbeiter sind nervös.

Berlin - Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein, was sich Angestellte auf den Fluren der Berliner Solon-Zentrale erzählen: Angeblich will der Investor Microsol aus den arabischen Emiraten im Falle einer Teilübernahme fast alle der knapp 500 Mitarbeiter am Standort weiter beschäftigen. Lediglich 20 Stellen wolle Microsol in Berlin abbauen, 16 in der Verwaltung und vier in der Produktion, heißt es im Flurfunk. Selbst die obersten Mitarbeiter Stefan Säuberlich und Lars Podlowski dürfen bleiben. Das immerhin bestätigt Solon offiziell. Allerdings bleiben sie wohl nicht als Vorstände, sondern als Geschäftsführer einer Solon GmbH.

Denn egal wie die Investoren-Suche, die diese Woche formal abgeschlossen werden dürfte, ausgeht: Eine börsennotierte Solon SE wird es nach einer Übernahme wesentlicher Teile des Konzerns nicht mehr geben. Damit endet ein kleines Stück Industriegeschichte: Solon war 1998 das erste deutsche Solarunternehmen, das an die Börse ging. Ende 2007 hatte der Kurs sein Allzeithoch bei gut 87 Euro erreicht und war seither fast stetig gefallen. Der letzte große Absturz erfolgte Mitte Dezember 2011 unmittelbar nachdem der Vorstand wegen der Schuldenlast von 400 Millionen Euro den Insolvenzantrag einreichte. Am gestrigen Montag pendelte das Papier, das nur noch für Zocker Bedeutung hat, um die 27 Cent.

Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg hatte sich seit seiner Berufung sehr bedeckt gehalten, was die laufende Investorensuche angeht. Erst hieß es, sechs Unternehmen hätten ein konkretes Interesse an Solon angemeldet. Zuletzt war lediglich von „mehreren“ die Rede. Tatsächlich geht man im Hause davon aus, dass das Unternehmen Microsol das Rennen machen wird. Kein anderes Unternehmen habe tatsächlich Mitarbeiter geschickt, um sich den Betrieb tatsächlich auch von innen anzuschauen. Schon am heutigen Dienstag will Microsol womöglich auch vor Mitarbeitervertretern seine Pläne konkretisieren. Im Laufe der Woche könnte dann ein unterschriftsreifer Vertrag vorgelegt werden. Die Zeit drängt: Am Mittwoch kommender Woche stellt die Bundesagentur für Arbeit die Zahlungen des Insolvenzgeldes für die Mitarbeiter ein. Ein Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebs wäre dann nur noch möglich, wenn sich ein anderer Geldgeber finden würde.

Noch traut man im Betriebsrat dem Braten nicht ganz. „Wir begrüßen natürlich, dass der Investor offenbar einen Großteil der Stellen erhalten will. Aber wir fragen uns auch, wie sich das alles wirtschaftlich rechnen soll“, sagte Sabine Lutze, Betriebsratsvorsitze der Solon SE, dem Tagesspiegel. Zwar habe man „tolle Produkte“ und diese zuletzt auch „gut verkauft“. Allerdings ist im Haus unklar, zu welchem Preis. Wenn alles so bleibt, wie es war, warum ist Solon dann überhaupt in Schieflage geraten? Für Verunsicherung unter den Solon-Mitarbeitern sorgt auch das Gerücht, wonach Microsol Solons für knapp 40 Millionen Euro errichtetes Hauptgebäude in Adlershof nicht aus der Insolvenzmasse kaufen will, sondern lediglich Räume darin für 18 Monate anmieten will. Und dann?

Unklar ist auch, was mit dem Standort Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern passiert, wo bisher lediglich 18 fest angestellte Solon-Mitarbeiter tätig waren, aber auch hunderte günstigere Mitarbeiter von Leihfirmen. Kaum zu glauben, dass Microsol Greifswald wirklich zugunsten des teureren Standortes Berlin aufgeben will. Bei Microsol, der von Indern geführten Firma mit Sitz im arabischen Steuerparadies Fudschaira, war am Montag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

So lange keine endgültige Klarheit über diese Fragen herrscht, dürften Solon weiter Auflösungserscheinungen zeigen. Einige Mitarbeiter sind bereits freiwillig gegangen – darunter auch die Pressesprecherin Sylvia Ratzlaff. Die kündigte am Montag ihren Wechsel zum World Wide Fund for Nature (WWF) an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false