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Wirtschaft: Gabriel setzt aufs Stromsparen

Umweltminister kündigt neue Energiepolitik an / Russland streitet jetzt mit Moldawien

Berlin - Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat nach dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine eine neue Energiepolitik der Bundesregierung angekündigt. Es gehe um eine „grundlegende Änderung“, wobei die Sicherheit der Energieversorgung, stabile Strompreise und erfolgreicher Klimaschutz im Vordergrund stünden, sagte der Minister am Donnerstag in Berlin.

Alternative Energien sowie Gas- und Kohlekraftwerke sollen laut Gabriel ausgebaut werden. Der Strombedarf, der aus der Abschaltung von vier Kernkraftwerken bis 2009 entstehe, könne durch erneuerbare Energien abgesichert werden. Es sei „realistisch“, bis 2020 ein Viertel des Stroms auf diese Weise zu erzeugen, sagte Gabriel, „wenn wir unsere Hausaufgaben machen“. Gabriel sprach sich zudem für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt aus. An die Adresse des zuständigen Wirtschaftsministers Michael Glos (CSU) gerichtet sagte der SPD-Politiker, dafür zu sorgen sei „die vordringlichste Aufgabe der deutschen Wirtschaftspolitik“. Bereits durch eine Senkung der Netznutzungsgebühren um 20 Prozent ließen sich rund fünf Milliarden Euro einsparen. Derzeit lägen diese Gebühren weit über dem international üblichen Niveau.

Als wichtigste Aufgabe der Energiepolitik bezeichnete Gabriel das Energiesparen. Erhebliche Fortschritte seien hier besonders durch die energetische Gebäudesanierung und die anstehende Ablösung alter durch neue Kraftwerke zu erwarten, ergänzte der Minister.

Auch das Wuppertal-Institut für Klima, Energie und Umwelt wies auf große Effekte durch das Energiesparen hin. Dies biete ein noch größeres kurzfristiges Potenzial, um fossile Energieträger zu ersetzen, als der Ausbau der erneuerbaren Energien. Bis 2050 könnte der Stromverbrauch in Deutschland um 50 Prozent gesenkt und zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden, sagte der Energieexperte des Instituts Hermann Ott.

Unterdessen ging die Debatte um die Nutzung der Atomenergie in Deutschland auch nach dem Machtwort von Bundeskanzlerin Merkel weiter, die am Mittwoch auf die Gültigkeit des Koalitionsvertrages hingewiesen hatte. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) stellte sich hinter Forderungen aus den Reihen der CSU nach längeren Laufzeiten für bestehende Kraftwerke. Weniger Atomenergie bedeute mehr Importe, größere Abhängigkeit und höhere Strompreise, betonte der CDU-Politiker am Rande der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte, es sei „nicht verantwortbar“, ein Kernkraftwerk abzuschalten, das dem neuesten Stand der Technik entspreche.

Die Parteispitze schlug dagegen moderatere Töne an. Es sei klar, dass es zur Zeit keine „Änderung der Faktenlage“gebe, sagte CSU-Chef Edmund Stoiber. Alles hänge davon ab, ob man die SPD überzeugen könne, über längere Laufzeiten zu reden. „Erzwingen könne wir das letztlich nicht.“

Umweltminister Gabriel zeigte keine Kompromissbereitschaft: „Es bleibt beim Ausstieg.“ Gerade mit Blick auf die Versorgungssicherheit sei es unsinnig, auf Atomstrom zu setzen und eine Abhängigkeit durch eine andere zu ersetzen. „Die Importabhängigkeit der Atomenergie liegt bei 100 Prozent.“

Nach der Einigung mit der Ukraine ging am Donnerstag der Gasstreit zwischen Russland und Moldawien weiter. Der russische Gasmonopolist Gasprom verlangt 160 Dollar (rund 135 Euro) pro 1000 Kubikmeter Gas. Moldawien zahlte bisher 80 Dollar. Noch wurde keine Einigung erzielt, die Verhandlungen sollen aber fortgesetzt werden. Derweil will Gasprom offenbar auch in der Nordsee nach Gas bohren. Dies teilte die deutsche Tochtergesellschaft ZMB mit, die ihren Sitz in Berlin hat. Die Probebohrung soll im englischen Schelfbereich erfolgen. Mit Nordseegas will Gasprom seine Aktivitäten weiter diversifizieren, hieß es.

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