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Gefälschtes Leergut: Tausende Euro Flaschenpfand ergaunert

Mit billig produzierten Plastikflaschen aus Litauen hat eine Bande in Schleswig-Holstein versucht, im großen Stil Leergutautomaten auszutricksen. Der Vorfall ruft die Pfandgegner wieder auf den Plan.

München - Mit prall gefüllten Tüten zogen die drei Männer im September in Schleswig-Holstein von Laden zu Laden. In den Tüten steckten leere Flaschen für Traubensaftschorle, die sie emsig in die Pfandautomaten steckten. Hinter den Unmengen an Leergut aber verbargen sich weder riesiger Durst noch Sammelwut, sondern vielmehr massive kriminelle Energie: Für geringe Beträge hatte die Bande in Litauen 150.000 Plastikflaschen herstellen lassen und mit einem gefälschten Barcode ausgezeichnet, um die Automaten auszutricksen. Mehr als 30.000 Euro hatten die Männer mit dieser Masche laut Staatsanwaltschaft mutmaßlich ergaunern wollen. Allerdings kamen ihnen die Behörden auf die Spur, bevor sie alle ihre gefälschten Flaschen loswerden konnten.

Dennoch hat der Fall in der Einzelhandelsbranche die Kritik am Pfandsystem neu angeheizt. Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer des Branchenverbandes HDE, hält das Pfand von 25 Cent Pfand je Flasche für viel zu hoch, Betrüger würden so angelockt. Für den Handel sei die Pfandregelung auch generell nach wie vor ein großes Ärgernis. Die Kunden empfänden die Rückgabe der Flaschen mittlerweile zwar weitestgehend als reibungslos. Der finanzielle Aufwand für die Unternehmen aber sei enorm: 1,5 Milliarden Euro für den Kauf von Automaten seien bereits ausgegeben, an laufenden Kosten kämen 500 Millionen Euro jedes Jahr noch obendrauf - Geld, das die Händler viel sinnvoller einsetzen könnten.

Durch den jüngst aufgeflogenen Betrugsfall in Schleswig-Holstein sieht Pellengahr die schlimmsten Befürchtungen des Einzelhandels bestätigt. Weil die Produktionskosten der Einweg-Plastikflaschen (Pet) in Osteuropa im einstelligen Cent-Bereich lägen, ergebe sich für Pfandbetrüger ein ansehnlicher Gewinn, sagte der HDE-Geschäftsführer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Begünstigt sieht er die Betrügereien auch durch die seit Mai geltende Neuregelung, wonach die Händler verpflichtet sind, auch solche Flaschen und Dosen anzunehmen, die nicht aus ihrem Sortiment stammen.

Gefälschte Barcodes im Internet

Das zuständige Deutsche Pfandsystem hat das Leergut zwar mit einer Sicherheitskennzeichnung ausgestattet, um Betrügereien vorzubeugen. Doch obwohl das System ab dem 1. Oktober greifen sollte, sind viele Automaten noch nicht in der Lage, die Kennzeichnung zu lesen und gefälschte Dosen oder Flaschen wieder auszuspucken, wie das Fachblatt "Lebensmittel-Zeitung" berichtete. Auch seien gefälschte Barcodes schon im Internet erhältlich.

Nach Angaben des Deutschen Pfandsystems sollen aber bis zur kommenden Woche 80 bis 90 Prozent aller Automaten über die Sicherheitstechnik verfügen. Dann sei ein Fall wie der in Schleswig-Holstein praktisch ausgeschlossen. Auch das Bundesumweltministerium hebt hervor, dass bislang noch kein weiterer derartiger Betrugsfall bekannt geworden sei.

Ministeriumssprecher Jürgen Maaß weist auch die fortdauernde grundsätzliche Kritik aus der Branche an den Pfandregelungen zurück. Die Höhe des Pfands sei von der Bundesregierung gezielt gewählt worden: "Wir wollen eine Lenkungswirkung erreichen - weg vom Einweg, hin zum Mehrweg." An diesem Ziel werde auch der Fall aus Schleswig-Holstein nichts ändern. (Von Ralf Isermann, AFP)

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