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Wirtschaft: Gegen Stress im Job hilft kein Gesetz

IG Metall präsentiert Jahrbuch „Gute Arbeit“.

Berlin - Das eine Projekt ist noch nicht abgeschlossen, da kommt der Chef schon mit dem nächsten. Zwischendurch müsste auch noch diese Powerpoint-Präsentation fertig werden. Genauer gesagt, einen Tag früher als eigentlich geplant. Das Wochenende ist nicht in Sicht, der nächste Urlaub liegt in weiter Ferne. Viele Arbeitnehmer kennen Situationen wie diese gut. Stress stellt eine zentrale Herausforderung der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts dar. Sagt die IG Metall und widmet ihr Jahrbuch diesem Thema.

Rund ein Drittel der Frühverrentungen in Deutschland geht inzwischen auf psychische Erkrankungen zurück. Die IG Metall schätzt die Kosten für Behandlung und Produktionsausfall – verursacht durch psychisch bedingte Erkrankungen – auf 30 bis 40 Milliarden Euro. Damit liegt sie im Bereich dessen, was Zahlen von Krankenkassen und Statistischem Bundesamt zeigen. Die Datenbasis des Jahrbuchs ist also valide. Das ist es dann aber auch schon. Über weite Strecken werden hier Binsenweisheiten präsentiert, die seit langem bekannt sind. Neue Erkenntnisse sind auf den knapp 500 Seiten kaum zu gewinnen.

Der Handlungsbedarf, der sich für die Gewerkschaft aus den gesammelten Daten ergibt, besteht in verschärften und konkretisierten Arbeitsschutzbestimmungen. Hierzu blicken einige der Autoren des Buches ins Ausland, etwa nach Dänemark, Italien oder in die Niederlande. Dort, in den Niederlanden, müssten etwa Arbeit und Arbeitsumfeld an die Eigenschaften der Arbeitnehmer angepasst werden. In Dänemark seien Behörden dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen auch auf Stressfaktoren hin zu prüfen. Auf den ersten Blick gibt das Kompendium somit durchaus Anregungen, wie dem Stressproblem begegnet werden kann. Gleichzeitig macht Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und Mitherausgeber des Buches, aber unfreiwillig deutlich, dass mit der zentralen Idee des Buches – eine Verordnung mit konkreten Regelungen zu schaffen – das Problem allein nicht in den Griff zu bekommen ist. So lautet eine der Forderungen, Arbeitstakte etwa bei Montagetätigkeiten sollten 90 Sekunden nicht unterschreiten, um monotone Tätigkeiten als Ursache psychischer Erkrankungen zu vermeiden. Das steht laut Urban schon seit den 70er Jahren in Tarifverträgen der Metallindustrie. Der Gewerkschaft sei zwar bekannt, dass diese Taktzeiten unterschritten würden. Zu kontrollieren sei dies jedoch kaum, sagte er am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des Buches. Simon Frost

Lothar Schröder, Hans-Jürgen Urban (Hrsg.):

Gute Arbeit 2012 – Zeitbombe

Arbeitsstress
. Bund-Verlag, 491

Seiten, 39,90 Euro

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