zum Hauptinhalt
Aufeinander angewiesen. Unterstützung und Respekt sind Schlüsselwerte für eine gute Teamarbeit. So wird nicht nur das Team, sondern auch das Unternehmen erfolgreicher. Eine Gruppe von Einzelkämpfern wird immer wieder aneinander geraten, anstatt zusammen zu arbeiten. Foto: picture-alliance

© picture-alliance / gms

Wirtschaft: Gemeinsam zum Ziel Jeder ist wichtig:

Wie die Teamarbeit gelingt.

Im Technikteam von Tim Hilpert traten in regelmäßigen Abständen Schwierigkeiten auf. „Bei der Softwareentwicklung hatten wir Wellen von Qualitätsproblemen“, sagt er. „Drei, vier Monate lief alles super und dann kam immer ein Monat, in dem ging es nicht richtig rund.“ Als Führungskraft hätte Hilpert entsprechende Maßnahmen verordnen können, doch er entschloss sich, „die Verantwortung ins Team zu geben.“ Wäre es nach ihm gegangen, er hätte die Abstände der Zielvorgaben vergrößert, die das Team alle zwei Wochen vereinbarte. Stattdessen entschlossen sich die Mitarbeiter, die anstehenden Ziele jede Woche und dann sogar im drei-Tage-Rhythmus festzulegen. Die Probleme traten nicht mehr auf.

Tim Hilpert ist Leiter der Privatkundengeschäfte bei Ebay Deutschland – eines von zwölf Unternehmen, die als „Beste Arbeitgeber in Berlin und Brandenburg 2013“ gelten. Das Institut „Great Place to Work“ ermittelt die Preisträger nach Mitarbeiter-Befragungen. Zu den Kriterien gehört auch die Teamarbeit. Tim Hilpert sagt, gegenseitiges Vertrauen sei „ganz tief in der Kultur von Ebay“ verankert. Nur so kann er seinen Mitarbeitern auch die Freiheit geben, ihre Arbeitsprozesse weitgehend selbst zu gestalten. Rund 1000 Mitarbeiter sind bei Ebay Deutschland beschäftigt.

Die Berliner Steuer- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Helmut Kohlhaas führt wie Ebay die Preisträgerliste ihrer Größenklasse an. Auch Kanzleileiter Helmut Kohlhaas setzt als Ansporn für eine gute Kommunikation seiner Mitarbeiter auf die Werte seines Unternehmens – dazu gehören Höflichkeit und Respekt. In seinem Team sind sie mit ihm insgesamt elf Mitarbeiter.

Unbefriedigende Zusammenarbeit, nervende Kollegen, zu wenig Anerkennung für die eigenen Leistungen gehören für viele Angestellten zum Alltag. „Der Normalzustand im Büro ist tatsächlich: Probleme über Probleme“, sagt Ursula Dehler, Business Coach aus Berlin. Deshalb hält sie es für wichtig, erst einmal die Perspektive zu verändern und zu fragen: Wo läuft es gut, was können wir als Team? Dabei dürfe man eines nicht vergessen, sagt Dehler: „Hier treffen sehr unterschiedliche Menschen aufeinander.“ Der Anfänger auf den alten Hasen, strukturiert auf chaotisch, jung auf alt. „Das ist für beide Seiten erst einmal eine Zumutung“, sagt Dehler. Jedes Team müsse eine gelungene Zusammenarbeit selbst erarbeiten. „Das funktioniert nicht Maßanzugs-mäßig.“

Die Zusammensetzung eines Teams ist entscheidend für dessen Erfolg. „Es darf zum Beispiel nicht nur aus Häuptlingen bestehen“, sagt Dietrich von der Oelsnitz, Leiter des Instituts für Unternehmensführung an der TU Braunschweig. Er rät vor allem dazu, Teams nicht zu groß zu definieren. „Je größer das Team ist, desto mehr lädt es dazu ein, sich in der Masse zu verstecken.“ Sein Rat: Ein Team sollte die Größe einer Fußballmannschaft nicht überschreiten. Besonders wichtig sei es jedoch, Teams mit Menschen zu bilden, deren Kompetenzniveau vergleichbar ist, sonst führt das zu Frust.

Gemeinsam muss dann ein klares Ziel formuliert werden. Zieht jeder an einem anderen Strang, kann die Zusammenarbeit nicht gelingen. Wie im Fall von Ebay und der Kanzlei Helmut Kohlhaas kann es helfen, Unternehmenswerte zu formulieren, die auch den gegenseitigen Umgang der Mitarbeiter prägen. Als nächstes muss klar sein, wer für was zuständig ist. „Das Team sollte sich am besten selbst steuern“, sagt Oelsnitz. „Die Teamarbeiter wissen meist am besten, wer in welchem Bereich besonders kompetent ist.“

Und schließlich brauchen die Mitarbeiter Rückmeldung zu ihrer Arbeit – ein Punkt an dem es sehr oft hapert. „Es gibt eine miserable Feedbackkultur in vielen Unternehmen“, sagt Coach Ursula Dehler. Dabei sollte der Arbeitseinsatz jedes Mitarbeiters gewürdigt werden, auch von denen in der zweiten oder dritten Reihe. Gibt es einen Mitarbeiter, der ein Problem mit den Kollegen hat, stehen die Schwierigkeiten nach Dehlers Erfahrung meist für das gesamte Team. Sie nennt den Mitarbeiter „Symptomträger“. Werden dessen Probleme mit dem Team offen diskutiert, führt das oft zum Kern der Teamproblematik. Für besonders viel Zündstoff sorge der Umgang mit Social Media, sagt Dehler. „Das geht besonders für Führungskräfte mit Ängsten einher, weil sie wenig Kontrolle darüber haben.“ Entsprechend müssen Führungskräfte neue Qualitäten entwickeln und bei Bedarf auch von den jüngeren Kollegen lernen.

Was die Führungskraft vorlebt, hat meist Einfluss auf das gesamte Team. Deshalb rät Dehler auch zu einer regelmäßigen Sprechstunde, bei der Mitarbeiter ihre Kritik loswerden können. Helmut Kohlhaas hat dafür 2008 ein jährliches Führungskräftefeedback eingerichtet, bei dem seine Mitarbeiter ihn freiwillig und anonym evaluieren. „Das ist nicht nur mit Freude verbunden“, sagt Kohlhaas. Besonders schlimm war es beim ersten Mal. „Es gab Mitarbeiter in nicht unerheblicher Anzahl, die bezweifelt haben, ob ich überhaupt die fachliche Kompetenz zur Führung dieser Kanzlei habe“, sagt Kohlhaas. Fehlende Kommunikation und zu wenige Teamsitzungen hatten zu dieser Schieflage geführt. In den vergangenen sechs Jahren hat Kohlhaas regelmäßige Sitzungen und Mitarbeiterbesprechungen etabliert, Befragungen und Teamentwicklungsworkshops. Außerdem gibt es individuelles Coaching bei Konflikten zwischen einzelnen Angestellten.

Die Kontrollinstanz ist streng organisiert, doch damit wachsen die Kompetenzen der Mitarbeiter. Dadurch seien sie in der Lage, zunehmend selbstständiger zu arbeiten, sagt Kohlhaas. Dem einen oder anderen Mitarbeiter sei das in der Probezeit schon über den Kopf gewachsen. „Die haben gesagt: Das ist nicht meine Welt“, sagt Kohlhaas. So aber bestehe das Team jetzt nur aus solchen Kollegen, die auch hinter dem Konzept des Unternehmens stehen.

Für jede Zusammenarbeit gibt es jedoch auch Grenzen. Für Tim Hilpert von Ebay ist klar: Schwierige Entscheidungen sollten nicht im Team getroffen werden. Hierfür braucht es klare Regeln und Hierarchien, wer für was die Verantwortung trägt.

Führt die gemeinsame Arbeit dann zum Erfolg, sollte das Team ihn gebührend feiern. „Dabei sollte man nicht den Fehler begehen, nur einen Mitarbeiter hervorzuheben“, sagt Hilpert. Die anderen, die zum Erfolg beigetragen haben, dürfen nicht vergessen werden. Das Gute daran ist für Hilpert: „Erfolg zu teilen ist das Leichteste der Welt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false