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Generalstreik. Am Mittwoch stand in Portugal fast das ganze öffentliche Leben still. Auch in vielen Fabriken wurde nicht gearbeitet.

© AFP

Generalstreik: In Portugal geht nichts mehr

Die Menschen in Portugal wehren sich mit einem Generalstreik gegen den Sparkurs der Regierung. Die Schulden lasten schwer auf dem Land.

Lissabon - Zehntausende Touristen hängen in Portugal fest, nachdem ein Generalstreik am Mittwoch das Land weitgehend lahmgelegt hat. Auf den Airports, Bahnhöfen und in den Fährhäfen lief praktisch nichts mehr. Mehr als 500 Flüge von und nach Lissabon, Faro und Porto wurden abgesagt. „Das ist der größte Streik aller Zeiten“, jubeln die portugiesischen Gewerkschaften. Auf den Straßen der Hauptstadt Lissabon türmen sich die Abfallberge, da auch die Müllabfuhr streikte. Viele Schulen, Universitäten und Ämter blieben geschlossen. Krankenhäuser machten nur Notdienst. Auch im Volkswagen-Werk „Autoeuropa“ südlich von Lissabon, ruhte die Produktion.

Die beiden großen Gewerkschaften CGTP und UTP ließen erstmals seit 22 Jahren gemeinsam die Muskeln spielen, um gegen die „ungerechte Wirtschaftspolitik“ des sozialistischen Regierungschefs José Sócrates zu demonstrieren. Der Antikrisenplan des Regierungschefs sieht die Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 21 auf 23 Prozent vor, Renten sollen eingefroren, Beamtenlöhne gekürzt, Sozialleistungen gestrichen und staatliche Infrastrukturausgaben gekappt werden.

In einer ersten Sparrunde Mitte des Jahres waren bereits Einkommen- und Unternehmensteuern erhöht sowie das Rentenalter im öffentlichen Dienst von 62 auf 65 Jahre heraufgesetzt worden. Angesichts der horrenden Staatsverschuldung Portugals und des wachsenden Drucks der Finanzmärkte sah sich Sócrates’ Minderheitsregierung zu weiteren harten Sparbeschlüssen gezwungen.

Portugals Neuverschuldung war 2009 auf 9,4 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen und soll bis 2011 auf etwa 4,6 Prozent sinken, verspricht Sócrates. Die große konservative Oppositionspartei PSD meint, die Lage sei in Wirklichkeit noch schlimmer. „Die Zahlen sind fiktiv“, sagte Oppositionschef Pedro Passos Coelho.

Portugal, das ärmste Land Westeuropas, gilt nach Griechenland und Irland als nächster Wackel-Kandidat der Euro- Zone. Zu einem möglichen Hilfsersuchen an den internationalen Rettungsfonds sagte Staatspräsident Anibal Cavaco Silva: „Ich hoffe, dass dies nicht notwendig ist.“ Sócrates zeigte sich optimistischer: „Portugal braucht keine Hilfe.“ Das Vertrauen der Anleger ist gering: Die Zinsen für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen bewegen sich inzwischen um die 6,5 Prozent, was die Kreditbeschaffung für das Land teuer und eine Rettungsaktion in den kommenden Monaten wahrscheinlicher macht. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen rentieren derzeit mit etwa 2,6 Prozent. Ralph Schulze

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