zum Hauptinhalt
Gute Miene zum schwierigen Spiel. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann (links) lächelt mit GM-Vize Stephen Girsky in Genf um die Wette. Zu lachen gibt es aktuell wenig. Foto: dpa

© dpa

Genfer Autosalon: Opel-Chef Neumann setzt auf Passion und Ingenieurskunst

Auf dem Autosalon in Genf gibt sich Opel-Chef Neumann selbstbewusst. Er will die Marke zu alter Stärke führen. Wunder erwartet er aber nicht.

Genf - Er versteckt sich nicht. Erst am Freitag vergangener Woche trat Karl-Thomas Neumann an die Spitze des angeschlagenen Autoherstellers Opel. Und bereits am Dienstag darauf steht der 51-Jährige selbstbewusst auf dem Messestand der Rüsselsheimer auf dem Genfer Autosalon. Seine Ansage ist mutig: „Mit Passion, Innovation und deutscher Ingenieurskunst wollen wir Opel zu der Stärke zurückführen, die es verdient.“ Neumann, der sich das Opel-Emblem ans Revers gesteckt hat, ist in seiner ersten Rede anzumerken, dass er darauf brennt, endlich loszulegen – und allen zu beweisen, dass er der Richtige ist, um Opel wieder groß zu machen. Der schlanke Topmanager soll und will nun schaffen, was keinem seiner Vorgänger in den vergangenen Jahren gelungen ist: mit Opel Gewinn machen. Spätestens 2016 soll es so weit sein.

Opel steht am Abgrund. Das sehen auch die Gewerkschaften nicht anders. „Die wirtschaftliche Situation ist so schlecht wie noch nie und hat existenzbedrohende Ausmaße“, heißt es in einem Schreiben der IG Metall. Der US-Mutterkonzern General Motors (GM) türmte im abgelaufenen Jahr im Europa-Geschäft mit den beiden Marken Opel und Vauxhall einen Betriebsverlust von 1,8 Milliarden Dollar auf, fast drei Mal so hoch wie im Jahr davor. Von einem ruhigen Start kann Neumann deshalb kaum sprechen. Der promovierte Elektroingenieur muss schon zu Beginn seiner Amtszeit sein Augenmerk einem zentralen Punkt der Strategie widmen. Nach Informationen des „Handelsblatts“ verläuft die Entwicklung wichtiger Opel-Modelle derzeit nicht nach Plan. Nachdem schon die nächste Generation des Corsa länger braucht als ursprünglich gedacht, muss auch der neue Astra nachgebessert werden. Der Start des dritten wichtigen Modells, des Insignia, verzögert sich voraussichtlich bis 2017.

Doch Neumann hat intern bereits klargemacht, wo er ansetzen wird. Um Opel wieder in die Erfolgsspur zu bringen, sehe er drei Prioritäten, schreibt er in einer Mail an die 20 000 Mitarbeiter, die dem „Handelsblatt“ vorliegt. Erstens: Die Kosten müssten sinken. Zweitens: Die Marke müsse „klarer positioniert“ werden. Und drittens: Die Kultur müsse durch „Geschwindigkeit“ und „bedingungslose Kundenorientierung“ geprägt sein. Dafür verspricht der Topmanager, dessen erstes Auto ein orangefarbener Opel Kadett, Baujahr 1980, gewesen sein soll, sich ganz der neuen Aufgabe zu verschreiben. „Wenn es nach mir geht, bleibe ich für viele Jahre“, betont er in der Mail.

Es ist ein Pakt auf Gegenseitigkeit. Schließlich könnte es für beide Seiten die letzte Chance sein, noch einmal durchzustarten. Denn nicht nur bei Volkswagen, wo Neumann das China-Geschäft führte, endete seine Karriere im vergangenen Sommer abrupt. Auch Continental hatte sich von dem eloquenten Manager, der den Autozulieferer bis August 2009 führte, getrennt, nachdem er einen Machtkampf mit dem fränkische Großaktionär Schaeffler verloren hatte. Bei Opel wird nun viel davon abhängen, wie durchsetzungsfähig Neumann gegenüber dem US-Mutterkonzern GM auftreten wird.

Dennoch ist die Verpflichtung von KTN, wie Neumann auch genannt wird, ein kleiner Coup. In der Branche ist sein Ruf tadellos, und er wäre nicht gekommen, wenn er nicht an eine Wende glauben würde. „Wenn einer es kann, dann er“, meint Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Aber auch Neumann weiß, dass rasche Erfolge kaum möglich sind. „Wunder sind nicht zu erwarten“, sagte er in Genf. Aber der Marathonläufer Neumann hat zumindest schon sportlich bewiesen, dass er über eine für Opel wertvolle Fähigkeit verfügt: einen langen Atem.

Carsten Herz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false