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Wirtschaft: Gerster gegen Tabus bei Arbeitsmarkt-Reform

Berlin (ce). Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster (SPD), hat davor gewarnt, einzelne Teile des Hartz-Konzepts zur Arbeitsmarktreform vorschnell zu verurteilen.

Berlin (ce). Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster (SPD), hat davor gewarnt, einzelne Teile des Hartz-Konzepts zur Arbeitsmarktreform vorschnell zu verurteilen. „Vorfestlegungen sind nicht zweckdienlich“, sagte er dem Tagesspiegel. Gersters Kritik richtet sich sowohl an die Adresse der Gewerkschaften als auch der Opposition. Vor allem die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will weder Höhe noch Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes antasten. Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber, die in der Kommission auch die Interessen der Angestellten der Nürnberger Behörde vertritt, drängt Kommissions-Leiter Peter Hartz dazu, auf Kürzungen zu verzichten.

Auch der Unions-Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) hatte an Bundeskanzler Gerhard Schröder appelliert, auf die erwogenene Pauschalierung und Befristung des Arbeitslosengeldes zu verzichten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht in den Hartz-Überlegungen eine „Chance“ zur Reform des Arbeitsmarktes und sagte seine Mitarbeit zu. Schon am Montag hatte IG Metall-Chef Klaus Zwickel sich positiv zu den Reformvorschlägen geäußert, aber Kritik an der vorgeschlagenen Senkung der Arbeitslosenhilfe geäußert. Am Freitag trifft Kanzler Schröder die Gewerkschaftsvorsitzenden zu einem Gespräch über die Vorschläge der Kommission.

„Die Chance des Konzepts besteht darin, dass allen Beteiligten Bewegung zugemutet wird“, sagte Gerster. Es sei nicht sinnvoll, wenn einzelne nur unter der Bedingung mitmachen würden, wenn sich nur die anderen bewegen. Er appellierte an alle Beteiligten, die Kommission unter Leitung von VW-Personalchef Hartz in Ruhe ihr Konzept erarbeiten zu lassen. „Das muss störungsfrei ablaufen“, sagte Gerster. Unklar bleibt, ob die Kommission ihr Gesamtkonzept schon vor dem 16. August vorstellen wird.

Bei einer Tagung zu „Strategien gegen Fachkräftemangel“ in Berlin sprach sich Gerster für den Vorschlag aus, so genannte Personal Service Agenturen der Arbeitsämter einzuführen. Diese sollen Arbeitslose an Firmen verleihen oder qualifizieren. Das sei ein „innovativer und marktnaher Weg“. Im Idealfall ließe sich so die Arbeitslosigkeit umgehen.

Den privaten Zeitarbeitsfirmen dürfe aber durch die Personal Service Agenturen der Arbeitsämter „nicht das Wasser abgegraben“ werden, forderte der Chef der Bundesanstalt für Arbeit. Dieser Markt sei in Deutschland ohnehin unterentwickelt. Damit reagierte Gerster auf die Sorgen der privaten Zeitarbeitsfirmen. Der Präsident des Bundesverbands Zeitarbeit Personaldienstleistungen (BZA) appelliert in einem offenen Brief an VW-Personalchef Peter Hartz, „verstärkt die etablierten 6000 gewerblichen Zeitarbeitsbetriebe zu nutzen". BZA-Präsident Ernst Vollbracht fürchtet bei der Einführung von staatlichen Leiharbeitsfirmen in allen Arbeitsämtern „wettbewerbswidrige staatliche Subventionierung zu Lasten der gewerblichen Zeitarbeit".

BA-Chef Gerster sprach sich zudem dafür aus, es den Arbeitgebern nicht völlig zu überlassen, ob sie über 50-Jährige im Betrieb weiterbilden. Es müsse auch darüber nachgedacht werden, Unternehmen zu verpflichten, Entlassungen bei den Arbeitsämtern zu melden. Eine solche Meldepflicht will die Hartz-Kommission indes umgehen. Sie will die Teilnahme an den Leistungen einer staatlichen Leiharbeitsfirma auch daran knüpfen, dass die Unternehmen ihre Entlassungen bei den Arbeitsämtern rechtzeitig melden.

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