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Wirtschaft: Gerüchte um EZB helfen Spanien

Spekulationen über Anleihekäufe und Zinsschwellen lassen Risikoprämie sinken / Bundesbank protestiert.

Frankfurt am Main - Allein die Spekulationen zeigten Wirkung: Spanien konnte sich am Dienstag günstiger Geld besorgen. Volkswirte führen dies auch darauf zurück, dass die Europäische Zentralbank (EZB) künftig möglicherweise eine Zinsobergrenze für einen Kauf von Staatsanleihen der Krisenländer festsetzt. Das böte Investoren mehr Sicherheit, deshalb wurden nun Anleihen mit einer geringeren Risikoprämie gekauft. Ein EZB-Sprecher bezeichnete dagegen die jüngsten Spekulationen als irreführend. Erst am 6. September wird der EZB-Rat über Vorschläge für künftige Aufkäufe von Staatsanleihen der Krisenländer entscheiden.

Spanien konnte sich am Dienstag rund 4,5 Milliarden Euro frisches Geld beschaffen, die Durchschnittsrendite für die 18 Monate laufenden Papiere lag bei rund 3,3 Prozent, nach 4,2 Prozent im Juli. Bei Papieren über ein Jahr ging es von 3,92 auf 3,07 Prozent runter. Damit spekulieren Investoren offenbar auf weitere Anleihekäufe durch die EZB. Sie hat bislang Staatsanleihen von Krisenländern im Volumen von 211 Milliarden Euro gekauft. Das Programm ruht aber seit Monaten. EZB-Präsident Mario Draghi hatte Anfang August betont, der Ankauf könne wieder aufgenommen werden, allerdings nur bei Ländern, die zuvor einen Hilfsantrag beim Rettungsschirm ESM stellen und strenge Auflagen erfüllen. Jetzt gibt es Spekulationen, die EZB werde dafür Zinsschwellen einführen: Danach würde die Notenbank einen Automatismus einrichten, wonach sie kauft, wenn der Renditeaufschlag eine bestimmte Höhe erreicht. Damit würde faktisch eine Zinsobergrenze für die Krisenländer bestimmt und ihnen eine gewisse Entlastung gewährt.

Darüber wird jetzt heftig debattiert. Auch der Konflikt zwischen Bundesbank- Präsident Jens Weidmann und der EZB- Spitze wird neu angeheizt. Weidmann, der sich auf der Sitzung des EZB-Rates Anfang August bei der Abstimmung über ein neues Anleihekaufprogramm enthalten hatte, artikuliert seinen Widerspruch im aktuellen Monatsbericht seines Hauses. Man bewerte Anleihekäufe als stabilitätspolitisch riskant. Sie befürchtet, dass mit Anleihekäufen verkappte Staatsfinanzierung betrieben und der Reformdruck auf die Krisenländer abgeschwächt werde. Entscheidungen über eine weitere Vergemeinschaftung von Risiken und Haftung müssten Regierungen und Parlamente treffen. Damit stellt sich Weidmann auch gegen das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen. Der verteidigt ein weiteres Ankaufprogramm, weil es durch die Verknüpfung mit den Auflagen für die jeweiligen Länder besser konzipiert sei.

Kritiker befürchten, dass sich damit die Geldpolitik endgültig der Schuldenpolitik der Krisenländer unterordnet und die EZB nahezu unbegrenzt Geld in den Markt schiebt, was letztlich die Inflationsgefahr deutlich erhöht. Die Notenbank würde das Verbot zur Staatsfinanzierung verletzen, argumentiert Commerzbank- Chefvolkswirt Jörg Krämer. Investoren würden die Zinsobergrenzen testen und damit die EZB zu massiven Anleihekäufen zwingen. Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), glaubt, dass die EZB mit Zinsschwellen ihre Unabhängigkeit gegenüber der Finanzpolitik verliert und zudem Investoren einen Schutz gegen Kursverluste biete. Die Befürworter von Zinsschwellen sehen dagegen die Chance, Spannungen in der Eurozone abzubauen und den Krisenstaaten mehr Zeit für den Abbau der Defizite und für Reformen zu geben. Letztlich, sagt etwa Holger Schmieding von der Berenberg-Bank, werde damit die Grundlage für neues Wachstum in den Ländern geschaffen.

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