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Wirtschaft: Geschmierter Infineon-Vorstand soll zahlen

Unternehmen prüft Schadenersatzansprüche / Staatsanwalt bestätigt Verdacht / Aufsichtsrat in der Kritik, Betriebsrat „entsetzt“

Berlin/München - Die Schmiergeldaffäre beim Halbleiterkonzern Infineon hat bei der Belegschaft und im Aufsichtsrat am Montag Empörung ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, der Verdacht gegen den inzwischen zurückgetretenen Vorstand Andreas von Zitzewitz habe sich bestätigt. Auch die Börsen reagierten negativ: Die Infineon-Aktie sank um rund 1,2 Prozent auf 8,19 Euro und war der schwächste Wert im Dax.

Nach Volkswagen ist Infineon schon der zweite Dax-Konzern, der in jüngster Zeit von einer Korruptionsaffäre erschüttert wird. Von einer grundsätzlichen Anfälligkeit deutscher Konzerne geht man beim Bundesverband der Deutschen Industrie dennoch nicht aus: „Auch wenn es Einzelfälle gibt, die dagegen sprechen: Im Großen und Ganzen funktioniert in Deutschland die Kontrolle der Unternehmensführung“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Ludolf von Wartenberg dem Tagesspiegel. Dies geschehe sowohl durch den Aufsichtsrat als auch durch das interne Controlling.

Infineon muss sich gleichwohl nun mit dem Vorwurf mangelnder Kontrolle seiner Manager auseinander setzen. Das Münchner Unternehmen kündigte an, es werde Schadenersatzansprüche prüfen. Infineon- Chef Wolfgang Ziebart ließ zum Rücktritt von Zitzewitz mitteilen, er begrüße die „schnelle klare Entscheidung“. Eine laufende Untersuchung mit diesen Vorwürfen sei eine große Belastung, ein Rücktritt insofern konsequent. Die Leitung der angeschlagenen Speichersparte, die von Zitzewitz seit Jahresbeginn geführt hatte, will Ziebart vorübergehend selbst übernehmen. Analysten fürchten, dass sich die Sanierung des angeschlagenen Konzerns, insbesondere der mögliche Börsengang der Speicherchip-Sparte, durch den Skandal verzögern könnte.

Nach einer Razzia von Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei und Steuerfahndung in der Infineon-Zentrale hatte der für das Speichergeschäft zuständige Vorstand Andreas von Zitzewitz am Wochenende mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt erklärt. Der 45-Jährige soll zusammen mit dem früheren Infineon-Manager Harald Eggers unerlaubte Provisionen für die Vermittlung von Sponsoring-Verträgen für Motorsport-Veranstaltungen in Höhe von insgesamt 310000 Euro vom Chef der Schweizer Sponsoring-Agentur BF Consulting, Udo Schneider, kassiert haben. Schneider hatte die Affäre ins Rollen gebracht, als er Anfang des Jahres bei einer Verhandlung vor dem Münchner Landgericht von Zahlungen an von Zitzewitz berichtete. Branchenkenner wundern sich, dass die Angelegenheit erst jetzt ans Tageslicht kommt – und verbinden damit harte Kritik am Aufsichtsrat von Infineon. „Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley hat entsprechende Informationen unter den Tisch fallen lassen“, hieß es am Montag in den Kreisen. Schneider soll sich schon im April 2004 an den damaligen Infineon-Chef Ulrich Schuhmacher mit dem Hinweis auf von Zitzewitz gewandt haben. Dieser habe dann Kley kontaktiert – allerdings ohne Konsequenzen. Aus dem Umfeld des Konzerns heißt es, Kley habe die Unterstützung von Zitzewitzs gebraucht, um den umstrittenen Schumacher später aus dem Konzern zu drängen. Kley räumte am Montagabend zwar ein, dass ihm die Vorwürfe gegen von Zitzewitz seit 2004 bekannt sind, wehrte sich aber gegen die Behauptung, den Skandal unter den Teppich gekehrt zu haben. Der Aufsichtsrat habe damals sofort Ermittlungen eingeleitet. Die Untersuchungen hätten aber keine Belege für die Richtigkeit der Anschuldigungen ergeben.

Er sei „entsetzt, wütend und enttäuscht“ über die Affäre, sagte der Gesamtbetriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Infineon, Klaus Luschtinetz, dem Tagesspiegel. Es sei „unbegreiflich, dass sich Menschen so korrumpieren lassen, die ohnehin so viel Geld verdienen“. Infineon-Mitarbeiter und IG-Metall-Beauftragter Rudi Steinberger sagte, die Belegschaft sei „enttäuscht, aber nicht sonderlich überrascht“. Deutsche Manager hätten nach den jüngsten Skandalen keinen Vertrauensbonus mehr bei den Beschäftigten. Kritik am Aufsichtsrat wies Luschtinetz zurück: „Der Aufsichtsrat hat das damals untersuchen lassen, aber keine Beweise für den Verdacht gefunden.“

Von Zitzewitz galt als einer der erfahrensten Infineon-Manager. Er saß seit der Konzerngründung 1999 im Vorstand.

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