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Wirtschaft: Gesetzlich versichert auf dem Weg ins Büro

Bei Arbeitsunfällen zahlt die Berufsgenossenschaft

Schnell ist es passiert – eine Stolperfalle übersehen, ein Autofahrer bremst zu spät. Unfälle sind an der Tagesordnung. Muss man deswegen zum Arzt, kümmert sich in der Regel die Krankenkasse um die Kosten. Passiert ein Unfall jedoch am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin, ist eine der 36 gewerblichen Berufsgenossenschaften zuständig für den Fall. Dort sind fast 43Millionen Deutsche versichert. Je nach Risikopotenzial und Zahl der Beitragszahler in einem Beruf liegen die Kosten zwischen 0,62 Prozent (Verwaltung) und 7,32 Prozent (Bergbau) des Bruttogehalts. Dafür zahlen die Berufsgenossenschaften – im Gegensatz zur Krankenkasse – eine Rente, falls nach einem Arbeitsunfall oder wegen einer Berufskrankheit die Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Was als Arbeitsweg gilt, ist streng geregelt. Arbeitnehmer dürfen sich nicht den kleinsten privaten Umweg erlauben: Das Bundessozialgericht entschied im Juni zu Ungunsten eines Arbeitnehmers, der einen Unfall erlitt, als er auf dem Weg zur Arbeit Geld abheben wollte. Er erledigte dies „nicht im Vorbeigehen“, sondern fuhr zur Bank einen Umweg von 100 Metern. Also war er zum Zeitpunkt des Unfalls aus rein privaten Gründen unterwegs, folgerte das Gericht. Daher müsse die zuständige Berufsgenossenschaft als Unfallversicherung nicht für die Folgen aufkommen.

Haushaltshilfen oder Babysitter sollten aus einem anderen Grund aufpassen: Sie werden oft nicht wie vorgeschrieben bei der Unfallkasse gemeldet, denn dann müsste der Arbeitgeber Beiträge zahlen: 45 Euro im Monat für Beschäftigte unter zehn Stunden Wochenarbeitszeit und 90 Euro ab zehn Stunden. „Künftig droht den Arbeitgebern bei Nichtanmeldung ein Bußgeld“, sagt Kirsten Wasmuth von der Unfallkasse Berlin.

Auch Kinder sind in der Kindertagesstätte oder in der Schule gegen Unfälle versichert – und dazu müssen die Eltern keine gesonderte Versicherung abschließen. Zuständig ist die gesetzliche Landesunfallkasse. Sie schützt auch Studierende in der Universität. Die Leistungen übernimmt der Staat: In Berlin geben der Senat und die Bezirke knapp 20Millionen Euro Beiträge pro Jahr für über 600000Personen aus.

Weil die Unfallkasse nichts extra kostet, kennen viele Leute ihre Leistungen gar nicht. Daher wenden sich Eltern nach einem Unfall ihres Kindes häufig an die falschen Stellen. „Auch für Unfälle auf dem Schulweg sind grundsätzlich wir zuständig und nicht die Krankenkassen“, sagt Unfallkassen-Sprecherin Wasmuth. „Wenn ihr Kind verletzt aus der Schule kommt, sollten sich die Eltern sofort im Sekretariat der Schule melden, damit eine vollständige Unfallanzeige aufgenommen wird. Wir zahlen, sobald wir den Fall geprüft haben.“ Die Prüfung ist nicht immer einfach. Zum Beispiel stellt sich die Frage: War das Kind wirklich auf dem Schulweg, oder trieb es sich aus anderen Gründen herum? „Für Unfälle auf Abwegen zahlen wir nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Schüler noch sehr jung und unreif ist.“

Christian Backe

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