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Abwehr. Die Polizei in Brüssel bringt sich gegen fliegende Heuballen in Stellung.

© dpa

Milchpreise: Gewaltsame Proteste bei Milch-Krisentreffen

Eine Krisensitzung der EU-Kommission zu den sinkenden Milchpreisen wurde von heftigen Bauern-Protesten begleitet. Die EU will die Landwirte jetzt finanziell unterstützen.

Nach dem Preisverfall bei Milch will die EU-Kommission Europas Bauern mit einem Paket von 500 Millionen Euro unterstützen. Dieses Paket könne „sofort zum Nutzen der Bauern eingesetzt werden“, sagte EU-Vizekommissionschef Jyrki Katainen am Montag in Brüssel. Nach Angaben von EU-Diplomaten stammt die Summe aus der Abgabe, die Milchbauern zahlen mussten, wenn sie die bis zum Frühjahr geltende Milchquote überschritten hatten. Das Geld sei daher im EU-Haushalt und könne ohne Extra-Zustimmung der EU-Staaten eingesetzt werden. Einen solchen Vorschlag hatte der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, bereits vor wenigen Wochen in einem Interview mit dem Tagesspiegel gemacht.

Die Nöte der Bauern sollen durch günstige Darlehen gemildert werden

Schwerpunkt der Brüsseler Soforthilfe soll sein, die finanziellen Nöte der Bauern etwa durch Bürgschaften oder zinsgünstige Darlehen abzumildern. Zudem sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes und für ein besseres Funktionieren der Handelskette geplant. Bei der Sitzung der Landwirtschaftsminister zeichnete sich nach Angaben von Diplomaten jedoch keine Mehrheit für staatliche Eingriffe wie etwa eine Erhöhung des Interventionspreises ab, um den Milchpreis zu stützen. Dafür hatte sich Frankreich starkgemacht, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hatte das stets abgelehnt.

Proteste von Landwirten flankierten das Treffen

Das Krisentreffen wurde von heftigen Protesten der Landwirte begleitet. Tausende Milchbauern hatten mit ihren Traktoren ein ohrenbetäubendes Hupkonzert angestimmt. Die belgische Polizei setzte Wasserwerfer ein, weil Landwirte im Brüsseler EU-Viertel mit Traktoren Straßensperren demolierten. Nach Angaben des europäischen Bauernverbandes Copa Cogeca beteiligten sich insgesamt 6000 Landwirte mit 2000 Fahrzeugen an dem Protest – darunter rund 800 aus Deutschland. Auch andere Erzeuger wie Schweine- und Rinderzüchter, die unter dem Preisverfall für ihre Produkte leiden, waren dabei.

In Deutschland stehen viele Milchbauern vor dem Aus

Viele der rund 80 000 Milchbauern in Deutschland stehen vor dem Aus, weil der Milchpreis zuletzt drastisch von rund 40 Cent pro Kilo Rohmilch auf unter 30 Cent gesunken ist und ihre Einnahmen dahinschmelzen. Bereits am Morgen hatten die Bauern aus mehreren EU-Ländern auf dem Weg nach Brüssel mit ihren Traktoren für Staus auf belgischen Autobahnen und Landstraßen gesorgt.

Die EU will helfen, neue Exportmöglichkeiten zu finden

Mit ihren Sofortmaßnahmen will die EU-Kommission die Bauern vor dem Schlimmsten bewahren und ihnen helfen, neue Exportmöglichkeiten zu finden. Der luxemburgische Landwirtschaftsminister Fernand Etgen versprach ein Programm, das den Landwirten „neue Perspektiven gibt“. Der Agrarsektor sei in einer „schweren Wirtschaftskrise“, viele Milchbauern könnten nicht mehr rentabel produzieren und machten Verluste. Luxemburg führt derzeit den Vorsitz bei den Ministertreffen.

Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt fordert höhere Milchpreise

Wie die Hilfen für die Landwirte genau aussehen sollen, ist aber nicht nur unter den EU-Staaten, sondern auch unter den Bauernverbänden umstritten. Während der Deutsche Bauernverband (DBV) finanzielle Soforthilfen und eine europäische Exportoffensive fordert, sprach sich der europäische Milchbauernverband European Milk Board (EMB) für eine Mengenkürzung aus. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt setzt sich für höhere Preise ein. „Milch ist gegenwärtig billiger als Wasser, das ist nicht in Ordnung. 55 Cent pro Liter ist deutlich zu wenig“, sagte Schmidt im RBB-Inforadio. dpa

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