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Griechenland 2020, Szenario (3): Subventionsstaat

Die Experten des Internationalen Währungsfonds prognostizieren, dass Griechenlands Staatsschulden im Jahr 2020 „tragfähig“ sein werden. Viele halten dieses Szenario für zu optimistisch

Im Frühjahr 2012 kamen die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu der optimistischen Vorhersage, dass Griechenlands Staatsschulden im Jahr 2020 mit 120,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt „tragfähig“ sein würden. Schon damals runzelten viele Kommentatoren die Stirn. Erstens schien es gewagt, dass sich die IWF-Experten, die schon zuvor mit ihren makroökonomischen Griechenlandprognosen immer falsch gelegen hatten, überhaupt trauten, die Schuldenquote des Jahres 2020 bis auf eine Kommastelle genau vorherzusagen. Und zweitens fragten viele irritiert, wieso plötzlich eine so hohe Verschuldung als tragbar gelten konnte – schließlich fordert der EU-Stabilitätspakt eine Schuldenobergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Der Blick in die Glaskugel könnte folgendes Zukunftsszenario für Griechenland im Jahr 2020 zutage fördern: In acht Jahren liegt die Schuldenquote immer noch bei bei mehr als 150 Prozent vom BIP – und das, obwohl die öffentlichen Gläubiger dem Land im Herbst 2013, nach der für Angela Merkel erneut gewonnenen Bundestagswahl, seine gesamten Schulden erließen. Griechenlands Schuldenquote hatte 2013 mit gut 200 Prozent eine alarmierende Dimension angenommen. Die Gläubiger reagierten mit dem Schuldenerlass aber auch auf die bürgerkriegsähnlichen Unruhen, die Griechenland im Spätsommer 2013 erschütterten, und den Beinahe-Sieg der Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“. Nur ein Bündnis aller bürgerlichen und linken Parteien unter Führung des inzwischen gemäßigt auftretenden „Radikal-Linken“ Alexis Tsipras konnte die Machtübernahme der Rechtsextremisten verhindern.

Die Hoffnung, dem Land mit dem Schuldenerlass einen wirtschaftlichen Neustart zu ermöglichen, erfüllt sich allerdings nicht. 2020 muss das sechste Hilfspaket geschnürt werden. Nachdem seit Ende 2013 in drei Paketen bereits insgesamt 210 Milliarden Euro nach Athen überwiesen wurden, fließen weitere 60 Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre. Die bisherigen Kredite halfen lediglich, das Land politisch einigermaßen zu stabilisieren. Nachdem die Wirtschaftsleistung wegen des drakonischen Sparkurses 2013 um neun statt der prognostizierten 4,5 Prozent schrumpfte und 2014 um weitere sieben Prozent auf 164 Milliarden Euro zurückging, stagniert das BIP seit 2018 auf dem Niveau von 2001. Damit scheint zwar die Talsohle der zwölfjährigen Rezession erreicht. Aber die Hilfskredite haben das noch 2013 schuldenfrei gestellte Land wieder tief in die roten Zahlen gedrückt. Griechenland bleibt auf Transferleistungen der EU- Partner angewiesen.

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