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Bedroht der griechisch-russische Flirt die Einheit der EU? Und wie lange kann Griechenland die finanziellen Pflichten noch ohne neue Kredite erfüllen?

© dpa

Update

Grexit: Griechenland will Verpflichtungen einhalten

In der Woche nach Ostern wird es mal wieder eng. Der griechischen Regierung geht das Geld aus. Dennoch gibt man sich zuversichtlich und buhlt um Russlands Hilfe. Der Preis: eine mögliche Spaltung der EU.

Griechenland will in der kommenden Woche alle seine finanziellen Verpflichtungen begleichen – auch einen Kredit in Höhe von 460 Millionen Euro des Internationalen Währungsfonds (IWF). "Alles, was nächste Woche gezahlt werden muss, der IWF, die Gehälter, die Renten, wird gezahlt", sagte ein Regierungsvertreter am Wochenende der Nachrichtenagentur AFP. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte Athen angesichts einer bevorstehenden Moskau-Reise von Ministerpräsident Alexis Tsipras davor, Europa spalten zu wollen.

Weiter keine Einigung in Sicht

Der griechische Innenminister Nikos Voutzis hatte vor wenigen Tagen gedroht, eine am 9. April fällige Rückzahlung an den IWF zu verschieben, weil zunächst Renten und Gehälter gezahlt werden müssten. Das wäre einem teilweisen Zahlungsausfall gleichgekommen – mit kaum kalkulierbaren Folgen. Sein Kollege, der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, berät nun am Sonntag mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, über die Reformpläne seines von der Pleite bedrohten Landes. Das Ministerium teilte am Samstag in Athen mit, bei dem Treffen in Washington handele es sich um eine “informelle Diskussion“. Aus Regierungskreisen heißt es, man habe keine Bedenken, dass auch für 250 Millionen Euro an Zinszahlungen später im April sowie für die Ablösung auslaufender Staatsanleihen in Milliardenhöhe Geld vorhanden sei. Ob dies stimmt, bleibt weiterhin fraglich. In dieser Woche naht im Schuldenstreit die Stunde der Wahrheit: Als kritisches Datum gilt der Donnerstag.

Reuters-Informationen zufolge warnte die griechische Regierung die Euro-Partner vor einem Zahlungsausfall an diesem Tag. Das Finanzministerium in Athen dementierte, eine derartige Äußerung gemacht zu haben. Der stellvertretende Ressortchef Dimitris Mardas ergänzte am Freitag, sein Land werde das Geld pünktlich an den IWF zahlen. Es geht um eine Überweisung von rund 450 Millionen Euro. Sollten die Verpflichtungen entgegen der Ankündigungen nicht eingehalten werden, müssten die Geberländer Konsequenzen ziehen. Ein "Grexit" – ein Euro-Aus für Athen – wäre dann nicht mehr auszuschließen, warnte der belgische Finanzminister Johan Van Overtfeldt am Samstag im Nachrichtenportal "Spiegel Online". "Es ist eine Möglichkeit, die die Eurozone verkraften würde", sagte Van Overtfeldt. Die Gläubiger-Institutionen verhandeln seit Wochen mit Athen über die Auflagen, zu denen Griechenland weitere Notkredite erhalten kann. Trotz der ablaufenden Zeit ist noch keine Einigung in Sicht, die bislang eingereichten Vorschläge aus Athen reichen der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem IWF nicht aus.

Droht Europa die Spaltung durch den griechisch-russischen Flirt?

Griechenlands Regierungschef Tsipras reist am kommenden Mittwoch nach Moskau, um im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Kriegsendes teilzunehmen. Mit Blick auf die Reise sagte EU-Parlamentspräsident Schulz der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Samstag, Tsipras dürfe seine europäischen Partner nicht "verprellen". Es wäre "nicht akzeptabel", wenn er damit spekuliere, dass als Gegenleistung für russische Hilfe "die einheitliche Haltung Europas etwa in der Russland-Politik aufs Spiel gesetzt wird".

Sigmar Gabriel: "Mit den Spielchen muss jetzt endlich Schluss sein!"

SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug Griechenland derweil vor, angesichts der leeren Staatskasse Konten griechischer Steuerhinterzieher EU-weit zu sperren. Tsipras sei bereits angeboten worden, "Konten von wohlhabenden griechischen Bürgern einzufrieren, die ihrem Heimatland Steuern schulden", sagte er der "Rheinischen Post". Dieses Angebot stehe, die griechischen Finanzbehörden müssten dafür aber "schon selbst tätig werden".
Die EU sei außerdem bereit, mit Personal beim Aufbau des Staates zu helfen oder Mittel aus dem Investitionsfonds von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gezielt für Griechenland zu nutzen, sagte Gabriel weiter. Voraussetzung für Hilfen sei aber, dass Athen die bisher getroffenen Reformvereinbarungen akzeptiere. Mit den "Spielchen", die die neue griechische Regierung seit Wochen treibe, müsse "jetzt endlich mal Schluss" sein. (AFP)

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