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Griechenlandrettung: „Der Schuldenschnitt ist zu klein“

DIW-Forschungsdirektor Ansgar Belke über die mangelnde Einbeziehung von Banken und Hedgefonds in das Rettungspaket.

Herr Belke, Josef Ackermann sagt, der Beitrag der privaten Gläubiger treffe die Banken hart. Sehen Sie das auch so?

Nein, es ist eher das Gegenteil. Der Schuldenschnitt hätte deutlich größer ausfallen müssen. Statt 21 Prozent hätten es 50 Prozent werden müssen. Ich glaube, das jetzt gefundene Modell ist nicht nachhaltig. Es wird 2013 zu einer echten Umschuldung kommen.

Mit welchen Folgen für die Banken?

Es wird keine gravierenden Folgen geben. Die Institute haben ihre griechischen Anleihen schon in den Bank- und Handelsbüchern abgeschrieben oder an die Europäische Zentralbank abgeschoben.

Die Banken haben drei Optionen: Sie können griechische Anleihen eintauschen, verlängern oder zu niedrigen Marktwerten an den griechischen Staat verkaufen. Das soll einem Beitrag von 50 Milliarden Euro entsprechen. Wie verlässlich ist diese Summe?

90 Prozent der privaten Gläubiger sollen für das rein auf Griechenland bezogene Programm gewonnen werden. Die Summe kann erreicht werden, aber sie muss nicht. Die Banken verdienen ja zugleich an den hohen Zinsen, die Griechenland noch für seine Anleihen zahlen muss. Und daran, dass der Anleihetausch durch staatliche Garantien öffentlich gefördert werden soll – also von den Steuerzahlern. Private Investoren hätten also stärker einbezogen werden müssen, um die griechischen Staatsschulden mittelfristig tragbar werden zu lassen. Das gegenwärtige Rettungspaket belässt Griechenland immer noch bei einem Schuldenstand von ungefähr 125 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die griechische Volkswirtschaft wird so noch nicht auf einen nachhaltigen Pfad gesetzt.

Wäre eine Bankenabgabe besser gewesen?

Nein, wir haben in Deutschland ja schon eine über Basel III. Es wäre absurd, eine zweite für die Rettung des Euros einzuführen und die erste zu lockern, wie es etwa die CSU gefordert hat. Das Aufkommen einer realistischen Bankenabgabe – selbst die avisierten 25 Milliarden Euro über 25 Jahre – wäre viel zu gering. Derartige Beträge reichen nicht annähernd für eine Großpleite einer Bank aus, zumal die Banken unter anderem angesichts der Schuldenkrise aktuell noch längst nicht über den Berg sind.

Von Hedgefonds ist in dem jetzt beschlossenen Rettungspaket gar nicht die Rede. Ist da etwas versäumt worden?

Hedgefonds hätten unbedingt einbezogen werden müssen, weil sie den Großteil der Anleihen halten. Ihr Anlagekalkül ist es ja, schlechte Papiere zu erwerben, und zum Nennwert erstattet zu bekommen. Ein Großteil der von den Hedgefonds gehaltenen Anleihen wird aber außerhalb der Börsen gehandelt und ist deshalb nicht registriert.

Ist das jetzt in Brüssel ausgehandelte Modell nachhaltig?

Nein, die Beschlüsse weisen in die richtige Richtung, das Ausmaß der Maßnahmen ist aber eher enttäuschend. Damit wird die Schuldenkrise nicht beendet, vielmehr dürfte das Risiko einer Ansteckung anderer Länder zunehmen. Denn der viel zu geringe Schuldenschnitt bedeutet, dass in der Zukunft eine zusätzliche noch substanziellere Umschuldung notwendig wird, wenn es nicht noch einen gigantischeren Transfer anderer Eurozonenländer an Griechenland geben wird. Dort müssen sich die Steuereinnahmen verbessern. Die Wirtschaft schrumpft aber. Es wären konkrete Wachstumsimpulse erforderlich gewesen, um dem Land gegen Auflagen wieder auf die Beine zu helfen.

Ist Europa mit der Rettung der PIIGS-Staaten überfordert?

Nein, nicht mit der Rettung kleiner Staaten wie Griechenland. Wenn aber auch Spanien und Italien die Tür geöffnet wird, dann sehe ich das Ende der Eurozone.

Ansgar Belke ist Forschungsdirektor für internationale Makroökonomie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin.

Das Interview führte Henrik Mortsiefer

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