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Wirtschaft: Größter Börsengang in der Geschichte Russlands

Ölkonzern Rosneft will 10,4 Milliarden Dollar einnehmen / Auch BP steigt ein / Kritik aus Deutschland

Berlin - Der staatliche russische Ölkonzern Rosneft ist in Moskau überraschend an die Börse gegangen. Ursprünglich war der größte Börsengang in der russischen Geschichte erst für Mittwoch geplant. Das Unternehmen erhofft sich einen Erlös von 10,4 Milliarden Dollar (8,2 Milliarden Euro). Am ersten Handelstag sank der Aktienkurs aber auf 7,42 Dollar und damit unter den Ausgabepreis von 7,55 Dollar. In London ist die Erstnotierung weiterhin erst für Mittwoch vorgesehen. Deutsche Politiker äußerten heftige Kritik an dem russischen Ölunternehmen.

Nach Angaben von Rosneft ist der Börsengang der fünftgrößte weltweit. Die frühere Nummer eins der russischen Ölindustrie, Jukos, versucht allerdings, die Notierung von Rosneft in London zu verhindern. Jukos zog dafür vor den Londoner High Court. Eine Entscheidung wird in den nächsten Tagen erwartet.

Hintergrund ist ein Streit um die Rolle Rosnefts bei der Zerschlagung von Jukos, dessen Kreml-kritischer Gründer Michail Chodorkowski seit vergangenem Herbst eine achtjährige Haftstrafe verbüßt. Rosneft hatte sich die Jukos-Fördertochter Juganskneftegas einverleibt und ist nun die Nummer zwei auf dem russischen Ölmarkt nach Lukoil. Jukos wirft Rosneft vor, den Firmenteil gestohlen zu haben. Auch im Börsenprospekt weist Rosneft auf mögliche juristische Risiken durch Klagen gegen die Übernahme hin. Trotzdem ließen sich auch ausländische Anteilseigner nicht von einem Engagement bei Rosneft abhalten. Die größten Investoren sind der malaysische Konzern Petronas, die britische BP und die chinesische CNPC. Petronas kaufte Aktien für 1,1 Milliarden Dollar, BP für eine Milliarde und CNPC für eine halbe Milliarde, wie Rosneft bekannt gab.

In Deutschland stieß der Börsengang auf heftige Kritik. „Der Börsengang von Rosneft ist die unerfreuliche Seite des Kapitalismus. Bei den Beteiligungen der ausländischen Firmen spielen die geschäftlichen Erwägungen die alleinige Rolle“, sagte der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff dem Tagesspiegel. Dabei sei der Börsengang „politisch-moralisch höchst unerfreulich“. Rosneft sitze schließlich teilweise auf gestohlenen Anlagen. Er erwarte, dass Jukos-Aktionäre weitere Klagen gegen Rosneft vor internationalen Gerichten vorbereiten würden. „Es ist allerdings klar, weshalb keine Klage vor einem russischen Gericht eingereicht wird: Dort gibt es keine unabhängige Justiz“, sagte Lambsdorff.

Auch der Russland-Koordinator des Auswärtigen Amts, Andreas Schockenhoff (CDU), äußerte Kritik: „Es stellt sich die Frage der Rechtsstaatlichkeit.“ Dass vor einem russischen Gericht westliche Standards eingehalten würden, glaube er nicht. „Das ist natürlich ein Hindernis bei der Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation WTO.“ hop/ak/awm

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