zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Grohe-Betriebsräte setzen sich durch

Armaturenhersteller behält drei deutsche Werke / Keine Verlagerung nach Polen / 943 Entlassungen

Berlin - Die Verhandlungen dauerten fast 19 Stunden, erst morgens um halb fünf war der Kompromiss für alle Seiten tragbar: Der Grohe-Konzern, Weltmarktführer für Sanitärarmaturen und infolge des Verkaufs an Finanzinvestoren hoch verschuldet, wird auch künftig drei Produktionswerke in Deutschland betreiben und weit weniger Mitarbeiter entlassen, als ursprünglich vom Vorstand geplant. Das sind die Kernelemente einer Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und Management, die Grohe-Chef David Haines am Mittwoch vorstellte.

Demnach wird der Konzern lediglich das Werk im brandenburgischen Herzberg bis Ende des Jahres vollständig schließen und dort 282 Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit schicken. Daneben müssen an den Standorten Lahr (Schwarzwald), und Hemer im Sauerland weitere 665 Mitarbeiter mit Kündigung rechnen. Noch einmal 297 Stellen sollen im Rahmen der natürlichen Fluktuation wegfallen. Gleichzeitig unterschrieben Haines und Personalvorstand Detlef Spigiel aber für die übrigen rund 3000 deutschen Mitarbeiter des Unternehmens eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2008 und sicherten umfangreiche Investitionen an den deutschen Standorten zu.

Damit sind alle weitergehenden Pläne für die Verlagerung der Produktion nach Polen oder China, wie es ein vom Vorstand in Auftrag gegebenes Konzept der Unternehmensberatung McKinsey vorsah, für mindestens drei Jahre auf Eis gelegt. „Grohe wird auch in Zukunft ein sehr stark deutsches Unternehmen bleiben“, versicherte Haines und räumte indirekt ein, dass der öffentliche Protest der Belegschaft in den vergangenen drei Wochen die Entscheidung befördert habe. „Ja, der Standort Lahr war zeitweilig akut gefährdet“, sagte Haines, dessen Erhalt habe „der Betriebsrat erreicht“. Das Ergebnis sei zwar bitter für die Betroffenen, aber angesichts der Finanzlage des Unternehmens „insgesamt ein Sieg“, meinte auch der Offenburger IG-Metall-Bevollmächtigte August Stockmayer, der für die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat sitzt.

Haines bemühte sich sichtbar um neue Ruhe im Unternehmen. Gewiss sei die Geduld der Mitarbeiter in den letzten Monaten „arg strapaziert“ worden, sagte er. Aber nun habe sich der Vorstand bemüht, seiner „sozialen Verantwortung gerecht“ zu werden. Daneben beteuerte der Grohe-Chef, dass der Stellenabbau keine Folge der Übernahme durch die Finanzinvestoren Texas Pacific Group und CSFB-PE sei. Zwar treffe es zu, dass mit deren Einstieg die Verschuldung gestiegen sei, weil der Kauf zum größten Teil über Kredite finanziert wurde. Folglich liege die Zinslast in diesem Jahr noch einmal um mehr als 20 Millionen Euro höher als in 2004 und beträgt demnach schon rund 100 Millionen Euro pro Jahr.

All das habe aber „zu keinerlei operativen Einschränkungen“ geführt, versicherte Haines. Die Umstrukturierung sei vielmehr die Antwort auf den „sehr turbulenten Wettbewerb“ mit großen Weltkonzernen bei steigenden Rohstoffpreisen und Währungsrisiken. „Wir müssen wachsen und wollen nicht von einem Multi geschluckt werden“, erklärte Haines. Wachstum gebe es aber nur auf den Märkten in Asien und Nordamerika, deshalb müsse künftig weit mehr im Ausland eingekauft werden. Neben dem Personalabbau soll darum künftig vor allem ein radikaler Wechsel beim Einkauf stattfinden. Von bisher 7500 Lieferanten sollen künftig nur noch 1500 übrig bleiben und diese werden großteils in Osteuropa und China produzieren. Diese Maßnahme soll 70Millionen Euro pro Jahr einsparen. Zudem sollen die bisher 17000 Produktvarianten auf 6000 vermindert werden. Die Differenz mache nur ein Prozent des Umsatzes aus, verursache aber eine „viel zu hohe Komplexität“, berichtete Haines.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false