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Groß, größer, europäisch: Die EU-Kommission schafft einen digitalen Binnenmarkt

Die EU-Kommission schafft einen digitalen Binnenmarkt.  Telekommunikationsfirmen sollen stärker grenzüberschreitend arbeiten.

Es ist nicht so, dass die Politiker in Brüssel Dinge nicht schönreden könnten. Diesmal verzichtet das Team von EUKommissarin Neelie Kroes allerdings gänzlich darauf. Die Telekommunikationsbranche, so heißt es in ihrer Behörde trocken, sei schlichtweg „in schlechtem Zustand“.

Das nun vorgeschlagene Telekompaket ist nicht der erster Versuch, das zu ändern. Vor zwei Jahren schlug die EUKommission vor, neun Milliarden Euro in den Haushaltsplan für die Jahre 2014 bis 2020 einzustellen, um die Breitbandnetze auszubauen. In diesem Frühjahr strichen die Staats- und Regierungschefs die Anschubfinanzierung auf eine Milliarde Euro in sieben Jahren zusammen. Offenbar geschockt von der eigenen Kurzsichtigkeit baten sie die Brüsseler Behörde, vor dem nächsten EU-Gipfel Ende Oktober einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, um „so schnell wie möglich einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen“. Wenn schon öffentliche Investitionen fehlen, so die Logik, will die Politik wenigstens bessere Rahmenbedingungen schaffen.

Das soll, so der Hintergedanke bei dieser Reform, zu einer Marktbereinigung führen – und global erfolgreiche Champions kreieren. Während nämlich etwa in den USA mit ihren rund 300 Millionen Einwohnern nur vier große Mobilfunkanbieter den Markt beherrschen, sind es für die 500 Millionen EU-Bürger etwa 100 Anbieter – und mehr als 1000 Festnetzanbieter. Gleichzeitig aber hänge der global ausgerichtete Sektor, so das Urteil der Brüsseler Kommission, „von Größenvorteilen ab, um profitabel zu sein“. Fusionen und eine generelle Konsolidierung seien zwar „kein Selbstzweck“, sagt die Niederländerin Kroes – doch das angestrebte Ziel ist durchaus klar. Größere Akteure, lautet das Kalkül, können mehr Gewinn machen und damit die für einen allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung nötigen Investitionen in die Übertragungsnetze finanzieren.

Zuerst aber sollen die Anbieter mit dem neuen Gesetzespaket besser in die Lage versetzt werden, auch in anderen europäischen Märkten Fuß zu fassen und damit dort den Wettbewerb anzuheizen. Dem errechneten Verlust in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, wenn die Roaminggebühren ganz wegfallen sollten, stehen echte Gewinne durch eine Entbürokratisierung gegenüber. So soll künftig eine Geschäftslizenz in einem der EU-Mitgliedstaaten genügen, um auch in allen anderen unternehmerisch tätig zu werden. Die Telekommunikationskonzerne müssen dann nur einmal den regulatorischen Anforderungen dafür genügen und nicht bis zu 28 Mal. Zudem reklamiert die EU-Kommission als oberste Wettbewerbsbehörde das Recht für sich zu intervenieren, falls die nationalen Regulierungsbehörden zu unterschiedliche oder zu weitgehende Vorgaben machen. Einen nicht diskriminierenden Zugang zu den Kupfernetzen bereits etablierter Betreiber ohne horrende Kosten regelt eine eigene Richtlinie in dem Gesetzespaket.

Investitionen sollen für die Unternehmen aber nicht nur dadurch einfacher werden, dass die technischen Normen im Breitbandsektor weiter angeglichen werden, sondern auch durch bessere Planbarkeit. Viele der für die mobile Internetnutzung so wichtigen Breitbandfrequenzen sind noch nicht vergeben und sollen künftig nach einem festgelegten Terminplan auf den Markt kommen. Mobilfunkbetreiber könnten, so hofft die Behörde, „effizientere und grenzübergreifende Investitionspläne aufstellen“ und letztlich länderübergreifende Mobilfunknetze schaffen. Christopher Ziedler

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