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Wirtschaft: Große Koalition für mehr Offenheit bei Maut-Verträgen

Verkehrsausschuss: Nur eingeschränkte Geheimhaltung/Länder wehren sich gegen mögliche Investitionskürzungen

Berlin (hop). Die Verkehrspolitiker aller Fraktionen drängen weiterhin darauf, einen umfassenden Einblick in die Mautverträge zu erhalten. Einen neuen Kompromissvorschlag des Betreiberkonsortiums Toll Collect, den Verkehrsminister Manfred Stolpe am Dienstag auf einer Sitzung des Verkehrsausschusses präsentierte, lehnten die Parlamentarier ab. Eduard Oswald (CSU), der Ausschussvorsitzende, sagte dem Tagesspiegel: „Hier werden Kontrollrechte des Parlaments verletzt.“ Er verlangte die Offenlegung der Verträge, „sonst entsteht der Eindruck, dass jemand etwas zu verbergen hat“.

In den vergangenen Wochen hatte sich Toll Collect gegen eine weitgehende Offenlegung der Verträge gewehrt und auf Vertraulichkeit gepocht. Dabei hatte die Telekom mehr Entgegenkommen signalisiert als der Partner DaimlerChrysler. In einem Brief an Stolpe hat der Aufsichtsratschef von Toll Collect, Klaus Mangold, nun Alternativen angeboten. Allen Mitgliedern des Haushalts- und des Verkehrsausschusses will Toll Collect die Verträge jedoch nur offenlegen, wenn sie als „geheim“ eingestuft würden.

Das reicht den Ausschüssen nicht, die die Verträge allen Mitgliedern zugänglich machen wollen. Hier besteht Einigkeit, dass Toll Collect alle Vertragsteile ohne Geheimhaltung präsentieren müsse, die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben, sagte der Ausschussvorsitzende Oswald. Darunter fallen auch Haftungsregelungen und Zahlungsmodalitäten. Außerdem müssten die vereinbarten Termine öffentlich gemacht werden.

Reinhard Weis, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, sagte dem Tagesspiegel, für alle anderen Vertragsteile könne die Geheimhaltungsstufe gelten. „Es gibt schutzwürdige Interessen der Firmen, die gewahrt bleiben müssen.“ Da seien sich die Ausschüsse einig. Auf einen Untersuchungsausschuss wolle man vorerst verzichten, sagte Weis. „Das ist das letzte Mittel, um Informationen zu erlangen.“ Zwischenzeitlich habe der Verkehrsausschuss auch darüber diskutiert, dass die verantwortlichen Manager von Telekom und Daimler-Chrysler vor dem Gremium erscheinen müssten. „Sollte Toll Collect jetzt auf unsere Forderungen eingehen, wäre das aber nicht mehr notwendig“, sagte Weis.

Dabei ist noch nicht absehbar, welche Folgen die Haushaltslücken, die die fehlenden Mauteinnahmen reißen, haben werden. Die Verkehrsminister der Länder sprachen sich auf einer Konferenz in Hamburg dafür aus, geplante Ausbaumaßnahmen für Bundesstraßen und Autobahnen deshalb nicht zu verschieben. Geringere Investitionen würden sich negativ auf die Beschäftigten in der Bauwirtschaft auswirken. Die Minister forderten dagegen alle vertraglichen Regelungen zu Schadenersatzansprüchen sollten gegenüber Toll Collect „voll genutzt“ werden, sagte der Konferenz, Hans-Artur Bauckhage. Außerdem erwarte er, dass der Bund die Maut-Ausfälle zwischenfinanziere.

Doch dafür stehen die Chancen zurzeit schlecht. SPD-Verkehrsexperte Weis sagte: „Das würde eine weitere Kreditaufnahme bedeuten. Wer soll das dem Finanzminister beibringen?“ Auch eine Zwischenlösung über die provisorische Wiedereinführung der Autobahnvignette für Lkws ist nicht möglich. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte: „Das geht weder rechtlich noch organisatorisch.“ Die Spediteure müssten erst eine Abgabe für die Nutzung der Autobahnen zahlen, sobald das Mautsystem stehe. Trotzdem haben zwei Speditionen jetzt Staatshaftungsklage beim Landgericht Berlin gegen das Ministerium eingereicht. Der Grund: Durch die wiederholte Verschiebung des Mautstarts seien vor allem die Spediteure finanzielle geschädigt worden, die sich bereits im Sommer Bordcomputer haben einbauen lassen.

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