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70 Milliarden Euro Jahresumsatz hatte die Deutsche Bahn, hier die Zentrale am Potsdamer Platz, einst angepeilt. 2015 dürften es 47 Milliarden werden.

© Deutsche Bahn AG

Umbau bei der Bahn: Größenwahn war gestern

Die Bahn will den defizitären Güterverkehr reduzieren, pünktlicher werden und erwägt Personalabbau. Heute berät der Aufsichtsrat.

„Unsere Vision ist es, das weltweit führende Mobilitäts- und Logistikunternehmen zu sein“. Mit diesen Worten hatte die Deutsche Bahn im März ihre Strategie „DB2020“ vorgestellt. Am heutigen Mittwoch will der Konzern-Aufsichtsrat zusammenkommen, um über Änderungen an dem Programm zu beraten. Nach allem, was bisher durchgesickert ist, wird die Bahn künftig bescheidener auftreten. Die Ära des Größenwahns früherer Jahre scheint beendet.

Das lässt sich gut an den Plänen für die Güterbahntochter DB Schenker Rail festmachen. Diese hat sich von dem Einbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2009 nie erholt. Wie die dpa am Dienstag mit Verweis auf Kreise des Kontrollgremiums berichtete, soll die Transportleistung in Deutschland von 75 Millionen Tonnenkilometern (2014) auf 65 Millionen im Jahr 2017 reduziert werden. Das steht in dem 70-seitigen Bericht, über das der Aufsichtsrat beraten soll. Erarbeitet wurde es von einer Projektgruppe mit 40 Köpfen, darunter Berater von McKinsey. Ihr Rat: Der Fuhrpark muss verkleinert, Personal abgebaut werden.

Kritik am Sparfahrplan

Der Druck auf den Aufsichtsrat, dem zuzustimmen, ist hoch. Wie Anfang der Woche bekannt wurde, dürfte die Bahn dieses Jahr unterm Strich 1,3 Milliarden Euro Verlust schreiben. Es wären die ersten roten Zahlen in zwölf Jahren. Auch das im Frühjahr angepeilte Umsatzziel von 50 Milliarden Euro soll mit 47 Milliarden deutlich verfehlt werden.

Mancher hält den Sparfahrplan für den falschen Weg. „Die Bahn wiederholt die Fehler, die sie vor Jahren schon beim Personenverkehr gemacht hat“, sagte Michael Cramer, der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Tourismus im EU-Parlament, dem Tagesspiegel. Das Unternehmen habe über die Jahre rund 100 Milliarden Euro in den Ausbau der Fernstrecken investiert, zu Lasten des Nah- und Regionalverkehrs. „Reduziert die Bahn jetzt Transportkapazitäten, rollt sie damit dem Lkw-Verkehr den roten Teppich aus“. Damit trifft Cramer den wunden Punkt beim Eigentümer, dem Bund. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es doch, Güter von der Straße auf die Schiene zu bekommen, auch, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Pünktlichkeit der Züge soll steigen

Die Arbeitsgruppe hat auch Vorschläge unterbreitet, um den Personenverkehr in Konkurrenz zu den Fernbusanbietern zu stärken. Die Bahn soll wieder zuverlässiger werden. ICEs sollen gründlich überholt, 30 000 der 60 000 Weichen überprüft werden. So soll die Quote der pünktlichen Züge von derzeit nur 74 auf mindestens 85 Prozent steigen. Für bessere Kundeninformationen sollen die 10 000 Anzeigetafeln im Fernbahnnetz umgerüstet werden. Kunden sollen zudem leichter einen Zugbegleiter finden.

Auch im Regionalverkehr steckt die Bahn in der Klemme. Wenn sie bei den Kosten nicht konkurrenzfähig bleibt, erhöht sich das Risiko, dass S-Bahnen und die Tochter DB-Regio Ausschreibungen an private Konkurrenten verlieren. Senkt sie die Kosten zu stark, spart bei der Wartung, kommt es zu hohen Ausfallquoten. So geschehen in den vergangenen Jahren in Berlin. Hier machte der Senat mit einer Ausschreibung Druck, wenn auch nicht besonders viel: Die Bedingungen zum Weiterbetrieb des S-Bahn-Rings waren derart gestaltet, dass alle anderen Bewerber in dem Verfahren abgesprungen sind. So gab es vor wenigen Tagen Entwarnung. Die Deutsche Bahn darf weiter mit ihrer S-Bahn auf dem Ring und den Zulaufstrecken im Südosten fahren.

Auch in Berlin und Brandenburg könnten Stellen wegfallen

Der Konzern ist für Berlin und Brandenburg ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Mit rund 18 600 Mitarbeitern zählt er zu den größten Arbeitgebern der Region. Die Zahl soll sich allerdings verringern. In der Verwaltung im Bahn-Tower am Potsdamer Platz können beim Konzernumbau Stellen wegfallen. Grubes erklärtes Ziel ist es, bestehende Doppelstrukturen abzubauen.

Bisherige Planungen sahen vor, dass das Unternehmen 600 Millionen Euro in Berlin und Brandenburg investiert, wobei allerdings das meiste Geld vom Bund kommt, also womöglich nicht Teil des Streichkonzerts ist. Schlecht sieht es aus für das Güterwagenausbesserungswerk Eberswalde, das noch etwa 350 Beschäftigte hat. Ob Brandenburg die Offerte annimmt, das Werk für einen symbolischen Euro zu übernehmen, ist ungewiss.

Der Plan, der am Donnerstag öffentlich präsentiert werden soll, soll auch Grubes Job retten. Er trägt seit 2009 die Verantwortung. „Immerhin hat er einige Fehler eingeräumt und Korrekturen angekündigt“, würdigt der kritische Begleiter Michael Cramer von den Grünen. „Ich sehe zu ihm derzeit keine Alternative“.

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