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Held der Nation. Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif ließ sich am Freitag nach seiner Rückkehr in Teheran feiern.

© Imago

Kompromiss mit Iran: Gut für die Geschäfte

Traditionell haben deutsche Unternehmen gute Kontakte in den Iran. Wenn der Atomkompromiss trägt, dürften die Geschäftsbeziehungen richtig in Schwung kommen.

Die Lockerung des Handelsembargos gegen den Iran ist beschlossene Sache – und deutsche Unternehmen stehen bereits in den Startlöchern: Die Wirtschaft sieht großes Potenzial in Geschäftsbeziehungen mit der Islamischen Republik. Womöglich kommt das Irangeschäft schon ab dem zweiten Halbjahr 2015 in Schwung, meint ein Außenhandelsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). „Langfristig könnte der Handel durchaus im zweistelligen Milliardenbereich liegen“, so der DIHK-Mann. Das wäre ein Mehrfaches des aktuellen Niveaus. „Eine Lösung des Konfliktes hat nicht nur Bedeutung für die geopolitische Stabilität, es ergeben sich auch wirtschaftliche Chancen“, sagte ein Sprecher von Thyssen-Krupp in Essen. Die iranische Führung hatte die Lockerung der Wirtschaftssanktionen zur Bedingung für das Atomabkommen gemacht.

Bereits im vergangenen Jahr ging es aufwärts

Dass die deutsche Wirtschaft von einer Wiederbelebung der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran deutlich profitieren kann, zeigte bereits das vergangene Jahr. Nachdem zum Auftakt der Atomverhandlungen Anfang 2014 die EU und die USA die seit 2006 immer wieder verschärften Sanktionen gegen den Iran erstmals leicht lockerten, stiegen allein die deutschen Exporte im Laufe des Jahres um knapp 30 Prozent auf ein Volumen von inzwischen 2,4 Milliarden Euro. In den kommenden fünf Jahren könnte sich dieser Wert verdoppeln, schätzt der DIHK.

Die deutsche Wirtschaft ist trotz starker Einschränkungen durch die Sanktionen für den Neustart vergleichsweise gut aufgestellt. So genießt „Made in Germany" im Iran einen hervorragenden Ruf, die Nachfrage nach deutschen Maschinen und Ersatzteilen ist groß. Darüber hinaus sind deutsche Wirtschaftvertreter auch während der Sanktionsjahre im Iran präsent geblieben. Rund 90 deutsche Unternehmer unterhalten Niederlassungen im Iran, die Deutsche Außenhandelskammer ist seit 1975 mit einem eigenen Büro in Teheran vertreten.

Maschinen und Autos sind gefragt

„Deutschland hat ein besonderes Verhältnis zum Iran", sagte der Geschäftsführer der Deutsch-iranischen Handelskammer, Michael Tockuss, „denn das Land verfügt über eine Industriebasis, die andere Länder in der Region nicht haben“. Nach offiziellen Angaben macht die Industrie rund 45 Prozent der iranischen Bundesinlandsproduktes aus und beschäftigt rund ein Drittel der Iraner. Mindestens 5000 deutsche Unternehmen hätten derzeit Geschäftskontakte zu iranischen Partnern, sagt Tockuss. Und es könnten viel mehr werden: „Besonders große Chancen haben die Maschinen- und Anlagenbauer. Die könnten schnell ein Handelsvolumen von zwei Milliarden Euro erreichen.“ Auch Auto- und Chemieindustrie, neben dem Maschinenbau die wichtigsten deutschen Industriebereiche, hätten viel Potenzial.

Ein zentrales Problem beim Wiederaufbau der iranisch-deutschen Handelsbeziehungen ist der internationale Zahlungsverkehr. Der liegt weitgehend lahm, seit 2007 alle deutschen Großbanken ihre Geschäfte mit iranischen Kunden einstellten. Zwar sind Geldtransfers zwischen europäischen und iranischen Banken bei sanktionskonformen Handelsverträgen grundsätzlich erlaubt. Doch übte die US-amerikanische Bankenaufsicht auf Anweisung des Weißen Hauses großen Druck auf Europas Finanzhäuser aus, Geschäfte mit der Islamischen Republik zu unterlassen.

Bei Verstößen drohten empfindliche Strafen: Vor kurzem erst verurteilte ein US-Gericht die Commerzbank auch aufgrund von Iran-Geschäften zu einer Milliarden-Strafe. Die Amerikaner sind dazu in der Lage, weil internationale Bankgeschäfte fast vollständig in US-Dollar abgewickelt werden und so der amerikanischen Aufsicht unterstehen. Am Finanzmarkt sitzen die USA am längeren Hebel. Ob sich Banken aus Deutschland nach der jüngsten Einigung wieder ins Iran-Geschäft vorwagen, wollte man in den Frankfurter Konzernzentralen jetzt noch nicht kommentieren.

Der Staat dominiert im Iran

Aller Aufbruchstimmung zum Trotz: Auch nach der Lockerung der Sanktionen bleiben Geschäfte mit Iran risikoreich. In der Islamischen Republik greift die Politik ständig in die Wirtschaft ein, reguliert unter anderem die Preise für Verbrauchsgüter. Etwa 80 Prozent der Großindustrie und alle Banken gehören ohnehin dem Staat. Im Dickicht von Politik und Unternehmen ist Korruption allgegenwärtig. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International liegt der Iran nur auf Platz 136 von 175.

Mit der Einigung in der Atomfrage sendet Teheran ein klares Signal an die Wirtschaft: Die iranische Führung möchte ausländische Investoren ins Land holen. Ein Investitionsschutzgesetz ist seit 1999 in Kraft. Nun gilt es, die hohe Inflationsrate in den Griff zu bekommen. 2014 lag diese mit 23 Prozent immerhin schon deutlich unter dem Vorjahreswert von rund 35 Prozent.

Lea Frehse, Paul Middelhoff

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