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Gutachten: Die fünf Weisen fordern Reformeifer

Die fünf Wirtschaftweisen rechnen mit einem schwächeren, aber stabilen Wachstum. Heute legen sie ihr Gutachten vor.

Berlin - Der Rat der fünf Wirtschaftsweisen mahnt die große Koalition, auf Reformkurs zu bleiben. Seit diesem Jahr sei das Regierungsbündnis dabei, die verdiente Reformdividende leichtfertig wieder zu verspielen, warnen die Wissenschaftler. „Richtige und wegweisende Reformen drohen zurückgedreht zu werden“, schreibt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Von einer längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I für Ältere und der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns raten die Experten ab. Das Jahresgutachten mit dem Titel „Das Erreichte nicht verspielen“ wird am heutigen Mittwoch veröffentlicht und liegt dem „Handelsblatt“ bereits vor.

Der gegenwärtige Wirtschaftsaufschwung hat nach Ansicht der Wirtschaftsweisen auch dank der Hartz-Reformen einen langen Atem. Zwar werde sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts 2008 auf 1,9 Prozent von voraussichtlich 2,6 Prozent 2007 abschwächen, schreiben die Mitglieder des Sachverständigenrates unter der Leitung von Bert Rürup. Im Gutachten bescheinigen sie der Koalition und der rot-grünen Vorgängerregierung jedoch, dass ihre Reformen zu einer „nicht nur zyklischen Erholung“ der Wirtschaft beigetragen haben.

Die gute Verfassung der deutschen Volkswirtschaft seit Ende 2005 ist demnach mehr als nur eine konjunkturelle Erholung. Die Ökonomen sehen sie als eine „Folge tief greifender und viele Bereiche umfassender Anpassungsprozesse an den gestiegenen Wettbewerbsdruck auf den globalen Märkten“. Dazu beigetragen hätten die Verschlankung der Unternehmen, die moderaten und flexiblen Tarifabschlüsse sowie die politischen Reformen der Jahre 2001 bis 2006. Neben den Hartz-Arbeitsmarktreformen zählen die Wirtschaftsweisen die Riesterrente, die erleichterte Leiharbeit, die Haushaltskonsolidierung und die Unternehmensteuerreform zum „Erreichten“.

Der Sachverständigenrat bleibt mit seiner Prognose für das kommende Jahr leicht unter der Regierungserwartung von 2,0 Prozent und deutlich unter den Annahmen der führenden Wirtschaftsinstitute, die mit 2,2 Prozent rechnen. Die „deutliche Wachstumsverlangsamung“ sei allerdings „angesichts der guten Verfassung der deutschen Volkswirtschaft noch kein Indiz dafür, dass der Aufschwung zum Erliegen kommt oder gar eine Rezession bevorsteht“, schreiben die Ökonomen. Der Anstieg der Wirtschaftsleistung werde 2008 „maßgeblich“ von einer kräftigeren Binnennachfrage getragen werden.

Wie bereits die Forschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten stellen auch die Wirtschaftsweisen fest, dass die Arbeitslosigkeit derzeit stärker sinkt als in früheren Aufschwungphasen: Sie liegt im Jahresdurchschnitt 2007 mit vermutlich 3,783 Millionen Menschen um 700 000 unter dem Vorjahreswert. 2008 soll sie auf 3,463 Millionen weiter sinken.

Trotzdem gehen die Zeiten kräftig steigender Steuereinnahmen für die Staatskassen dem Ende entgegen. Für dieses Jahr erwarten die Wirtschaftsweisen zwar einen ausgeglichenen Staatsetat. Für 2008 müssen sich Bund, Länder und Gemeinden aber auf nur leichte Zuwächse gegenüber der Steuerschätzung vom Mai einstellen. Dies zeichnete sich am Dienstag zu Beginn der zweitägigen Beratungen des Arbeitskreises Steuerschätzung ab. Das Plus könnte 2008 bei drei bis fünf Milliarden Euro liegen. Das Bundesfinanzministerium war in seiner Vorlage für 2008 von einem Plus von fünf Milliarden Euro für den Gesamtstaat ausgegangen. Grund für die verhaltenere Prognose ist auch das mäßigere Wirtschaftswachstum. nso/HB/dpa

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