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Wirtschaft: Gute Konjunktur trotz schlechter Nachrichten Teurer Tarifabschluss auf dem Bau und schwächerer Geschäftsklima-Index/Experten erwarten den Aufschwung

Berlin (msh). Trotz durchwachsener Konjunkturmeldungen und der als zu hoch bewerteten Tarifeinigung in der Bauwirtschaft sind die Aussichten für die Erholung der deutschen Wirtschaft besser geworden.

Berlin (msh). Trotz durchwachsener Konjunkturmeldungen und der als zu hoch bewerteten Tarifeinigung in der Bauwirtschaft sind die Aussichten für die Erholung der deutschen Wirtschaft besser geworden. Das sagte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes Ifo, Hans-Werner Sinn, bei der Vorlage des neuesten Geschäftsklima-Index. Obwohl sich die Stimmung in den Unternehmen leicht verschlechtert habe, gebe es keinen Zweifel daran, dass sich die Wirtschaft erhole.

Die Bau-Tarifparteien einigten sich am Dienstag auf stufenweise Lohnerhöhungen von 3,2 Prozent im laufenden und 2,4 Prozent im kommenden Jahr. Die Krise der Bauindustrie führte laut Ifo-Institut mit zu einer schlechteren Stimmung in der Wirtschaft. Vor allem die Lage im Einzel- und Großhandel sei an der Verschlechterung im Juni Schuld, sagte Ifo-Experte Gernot Nerb. Die verarbeitende Industrie sei dagegen in besserer Stimmung als im Vormonat. Insgesamt sei das Ergebnis „durchwachsen“, ein Knick in einer Aufschwungphase aber normal.

Zu der mäßigen Stimmung trägt nach Ansicht des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) auch die Stärke des Euro bei. Er hatte zuletzt gegenüber dem Dollar 15 Prozent an Wert gewonnen, bald könne die Parität erreicht sein. Ein starker Euro macht deutsche Produkte in den USA teurer und trägt zu einer gedämpften Stimmung in der Exportwirtschaft bei.

Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sagte, trotz des Rückgangs zeige die Entwicklung des Geschäftsklimaindex, dass der Aufschwung in Gang gekommen sei. 2002 werde die deutsche Wirtschaft um mindestens ein Prozent wachsen. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn rechnet dagegen für 2002 mit einem Jahresschnitt von 0,7 Prozent. Damit korrigierte er seine bisherige Prognose leicht um 0,1 Prozent nach oben.

Getrübt wurde die Zuversicht durch die schlechtere Stimmung der amerikanischen Konsumenten, die für die US-Konjunktur wichtig ist. Das Verbrauchervertrauen sank von 110,3 auf 106,4 Punkte im Juni, teilte das Institut Conference Board mit. Das war der stärkste Einbruch seit den Anschlägen und deutet darauf hin, dass sich der Aufschwung in den USA und in Europa verzögern könnte.

Die Bau-Tarifparteien einigten sich am Dienstag nach einer Woche Streik. Der Kompromiss sieht für die 850 000 Beschäftigten eine Lohnerhöhung um 3,2 Prozent ab September vor. Ab April 2003 wird es weitere 2,4 Prozent mehr Lohn geben. Nach einem 22-Stunden-Verhandlungsmarathon beschlossen die Tarifpartner auch die Anhebung der Mindestlöhne in Ost- und Westdeutschland und die Einführung eines zweiten Mindestlohnes für Facharbeiter. Volkswirte bewerteten den Abschluss für die Branche als zu hoch. „Betrachtet man nur die Lage, waren gar keine Lohnerhöhungen drin“, sagte Rüdiger Pohl, Chef des Instituts für Weltwirtschaft Halle, dem Tagesspiegel. Der neue Facharbeiter-Mindestlohn sei ein „verzweifelter Versuch“, das Lohnniveau im Osten zu halten. „Ich sehe nur Verlierer“, sagt Wolfgang Franz, Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. Die Tarifpartner müssten wegen des hohen Abschlusses weitere Austritte aus dem Flächentarifvertrag hinnehmen, die Deutschen mit steigenden Baupreisen rechnen. Die Volkswirte rechnen auch 2003 mit sinkenden Bauinvestitionen und Stellenabbau.

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