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Handel- und Touristikkonzern: SPD beharrt auf Staatshilfe für Arcandor

Wirtschaftsminister Guttenberg sieht kaum eine Chance für den angeschlagenen Konzern, nachdem die EU-Kommission Arcandor als nicht förderungswürdig eingestuft hat. Führende SPD-Politiker wollen dem Unternehmen dennoch helfen.

BERLIN/BRÜSSEL - Trotz anderslautender Aussagen von Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission in Brüssel halten führende SPD-Politiker an einer staatlichen Unterstützung für den angeschlagenen Arcandor-Konzern – vormals Karstadt-Quelle – fest. Auch CSU-Chef Horst Seehofer signalisierte Hilfsbereitschaft. 

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier will eine Insolvenz des Handels- und Touristikkonzerns verhindern. „Eine Insolvenz von Arcandor wäre aus Sicht der Beschäftigten die schlechteste Lösung“, sagte der Außenminister am Mittwoch in Berlin. Deshalb werde man mit aller Kraft an einer Gesamtlösung für den Warenhaussektor in Deutschland arbeiten. Dabei sollten möglichst viele Arbeitsplätze zu fairen Arbeitsbedingungen erhalten bleiben. Die Beschäftigten bei den Arcandor-Töchtern Karstadt und Quelle hätten es nicht verdient, dass an ihnen ein ordnungspolitisches Exempel statuiert werde. 

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sagte, zunächst seien die Eigentümer in der Pflicht. Es wäre aber falsch, wenn die Politik sage: „Wir helfen auf gar keinen Fall.“ Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach sich dafür aus, Staatshilfen für Arcandor vorurteilsfrei zu prüfen. „Jede öffentliche Vorabfestlegung halte ich für falsch“, sagte Steinbrück. Es müsse das Für und Wider geprüft werden. Was am Ende bei dieser Prüfung herauskomme, wisse man nicht.

Nach Einschätzung der EU-Kommission kann Arcandor die beantragte Staatshilfe nicht erhalten. Der Konzern sei bereits vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen und könne daher aus dem nach Beginn der Wirtschaftskrise eingerichteten Sondertopf keine Mittel der Bundesregierung bekommen, teilte ein Kommissionssprecher mit. Arcandor müsse nach dem üblichen Beihilfeverfahren versuchen, Unterstützung zu erhalten.

Der Konzern hat eine Staatsbürgschaft über 650 Millionen Euro beantragt. In Berlin tagte der Bürgschaftsausschuss zu dem Thema; ein Ergebnis der Beratungen wurde zunächst nicht bekannt.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wertete die Einschätzung aus Brüssel als eine „sehr klare Ansage“. Der Kaufhauskonzern sei bereits zum 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen. Damit sei ein ganz wichtiges Kriterium für Arcandor entfallen, Hilfen aus dem Deutschland-Fonds nutzen zu können, sagte der CSU-Politiker. Die Einschätzungen von Wirtschaftsminister, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und weiten Teilen der Union liegen damit auf einer Linie.

Guttenberg sagte, er habe Konzernchef Karl-Gerhard Eick darauf hingewiesen, dass Arcandor andere Wege suchen müsse. Infrage käme eine Rettungsbeihilfe, die aber von der EU genehmigt werden müsse und strenge Kriterien beinhalte.Der Fall Arcandor unterscheide sich von dem des angeschlagenen Autobauers Opel. Bei Arcandor seien die Eigentümer in der Pflicht. „Wenn es andere Wege als den Deutschlandfonds gibt, werden wir diese prüfen“, sagte ein Arcandor-Sprecher am Mittwoch in Essen.

Guttenbergs Parteichef, Bayerns Ministerpräsident Seehofer, kritisierte die EU-Kommission wegen ihrer Ablehnung von Staatshilfen für Arcandor. „Wir müssen den Erhalt von Arbeitsplätzen und den Einsatz von Steuergeldern gleichermaßen im Auge behalten. Da habe ich überhaupt kein Verständnis, wenn die Kommission von vornherein die Türen zuschlagen will“, sagte Seehofer. „Wir müssen alle Optionen vorbehaltlos und sorgfältig prüfen.“

In Nürnberg, Sitz der Arcandor-Versandsparte Primondo und Geburtsstadt der Quelle- und Milliarden-Erbin Madeleine Schickedanz, demonstrierten am Mittwoch 4000 Beschäftigte der insgesamt rund 50.000 Mitarbeiter für staatliche Hilfen. 

(dpa/rtr/AP/ddp)

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