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Wirtschaft: Heftiges Gerangel um Beiersdorf

Ex-Tchibo-Gesellschafter Günter Herz soll an Übernahme des Kosmetikkonzerns interessiert sein

Berlin (msh). Die Finanzmärkte haben zurückhaltend auf die neuesten Gerüchte um den Verkauf des 44Prozent-Anteils der Allianz an Beiersdorf reagiert. Die Aktie des Nivea-Produzenten Beiersdorf gewann am Freitag nur leicht um 0,35 Prozent auf 109,74 Euro. Nach einem Zeitungsbericht soll der frühere Tchibo-Gesellschafter Günter Herz 3,8 Milliarden Euro für das Paket der Allianz geboten haben. Herz ließ das Angebot am Freitag von einer Sprecherin dementieren. Konkrete Verhandlungen mit der Allianz gebe es nicht, hieß es.

Herz hatte schon früher sein Interesse an einem Einstieg bei Beiersdorf bekundet. Der 62-Jährige war im August im Streit mit seinen Familienmitgliedern beim Kaffee- und Handelsunternehmen Tchibo ausgeschieden. Zusammen mit seiner Schwester Daniela wurde er von den übrigen Geschwistern mit rund vier Milliarden Euro abgefunden. Seitdem sucht Herz nach einer lukrativen Anlage für das Geld. Kürzlich war darüber spekuliert worden, ob Herz beim Touristikkonzern Tui einsteigen wolle. Auch dieses Gerücht dementierte Herz. Eine Übernahme der Beiersdorf-Anteile ist naheliegend, weil Tchibo als zweiter Großaktionär bereits 31 Prozent an Beiersdorf hält.

Die Allianz will ihre Anteile an Beiersdorf zwar verkaufen, dabei aber einen möglichst hohen Preis erzielen. Neben Herz hat der amerikanische Konsumgüterkonzern Procter & Gamble sein Interesse an Beiersdorf signalisiert. In der Vergangenheit war ein Verkauf an Procter am Großaktionär Tchibo gescheitert. Die Kaffee-Röster hatten zwar immer wieder Interesse an dem Allianz-Paket gezeigt, doch konnten sich die fünf Herz-Geschwister nie auf eine Strategie einigen.

Im Gegensatz zu Tchibo oder Herz ist Procter & Gamble in der Lage, einen deutlich höheren Preis für den deutschen Kosmetikhersteller zu zahlen. Nach Ansicht von Branchenexperten macht ein strategischer Aufpreis für Procter Sinn, weil das Unternehmen damit seine Position im hart umkämpften Kosmetikmarkt gegenüber Konkurrenten wie L’Oreal verstärken könnte. „Mit seinem weltweiten Vertrieb könnte Procter die Marke Nivea zu einer globalen Marke ausbauen“, sagt Branchenexperte Arne Jackusch vom Bankhaus Merck Finck.

Zudem bestehe über einen Verkauf der weniger interessanten Beiersdorf-Marken wie Tesa (Klebemittel) oder Hansa (Wundpflege) die Möglichkeit, einen Teil des Kaufpreises wieder zu refinanzieren. Allerdings droht Beiersdorf dann die Zerschlagung. Schon in der Vergangenheit war Procter beim Kauf neuer Marken wenig zimperlich vorgegangen. Im Extremfall wird die Firmenzentrale geschlossen und die Produktion von bereits vorhandenen Procter-Fabriken übernommen. Beiersdorf favorisiert daher Tchibo als möglichen Käufer, weil damit die Eigenständigkeit des Konzerns gesichert würde.

Branchenbeobachter halten das angebliche Angebot von Herz für viel zu niedrig. Die 3,84 Milliarden Euro würden 105 Euro pro Aktie entsprechen und damit noch unter dem Börsenkurs vom Freitag mit 109 Euro liegen. Auf dieser Basis wäre Beiersdorf rund neun Milliarden Euro wert. Nach Ansicht von Analysten ist ein Preis von 130 bis 140 Euro pro Aktie realistisch. Ein Anhaltspunkt dafür sei der Preis von 120 Euro, den die Allianz vor zwei Jahren für die Aufstockung ihrer Anteile an Beiersdorf gezahlt hatte, sagt Merck-Finck-Analyst Jackusch. Der Versicherer sei kaum bereit, unter diesem Preis zu verkaufen.

Die Hängepartie um die Allianz-Anteile dauert schon seit zwei Jahren. Beiersdorf- Chef Rolf Kunisch hatte bereits gemahnt, dass die immer neuen Gerüchte zu einer Beeinträchtigung des laufenden Geschäfts führen. Beiersdorf macht einen Jahresumsatz von fast fünf Milliarden Euro und erzielte im Jahr 2002 einen Gewinn von 300 Millionen Euro. Der Aktie des Konzerns tat die Übernahmefantasie allerdings gut. Das Papier gilt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 bei Analysten als hoch bewertet.

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