zum Hauptinhalt
60 Sekunden soll es nur dauern: Dann kommt eine Putzkraft in die Wohnung.

© dpa

Helpling, Homejoy und andere: Die Putzhilfe per Smartphone buchen

Putz-Start-ups bieten preiswerte Reinigungsservices – gebucht wird bequem via Smartphone oder PC. Die Nutzungsbedingungen sollte man sich zuvor allerdings lieber etwas genauer durchlesen.

Aneta Monka lacht viel. Sie erzählt von bissigen Katzen und ihrer Höhenangst beim Entfernen von Spinnenweben. Von Kunden, die ihr moderne Kunst erklären wollen und von pingeligen Hausherrinnen. „In Berliner Wohnungen erlebt man einiges“, sagt sie. Die 40-jährige Polin stammt aus der Nähe von Stettin und ist gelernte Kinderkrankenpflegerin. Doch seit April macht sie in der Hauptstadt sauber.

Monka ist ein „Helpling“ – eine jener Reinigungskräfte, die man bei der Rocket-Internet-Firma Helpling günstig per Smartphone buchen kann. Der Prozess dauere nur etwa 60 Sekunden, dann sei der Termin mit einer Reinigungskraft gemacht, erzählt Mitgründer Benedikt Franke. Mit diesem Prinzip liegt Helpling im Trend: Auch Putz-Start-ups wie Book A Tiger, Homejoy oder Clean Agents bieten den preiswerten Reinigungsservice, der schnell per App bestellt werden kann. Zwischen 12 und 15 Euro bewegt sich der Preis pro Stunde, je nachdem, ob der Service einmalig benötigt wird oder die Reinigungskraft regelmäßig vorbeikommen soll. Dabei sind die Putzfrauen und -männer als selbstständige Unternehmer tätig, haben einen Gewerbeschein und sind versichert. 20 Prozent der Kosten für die Reinigung kann der Kunde als haushaltsnahe Dienstleistung von der Steuer absetzen. „Es gibt wirklich keinen Grund mehr, eine Putzfrau schwarz zu beschäftigen“, schwärmt Franke.

Nutzungsbedingungen sind nicht immer transparent

Das klingt zunächst einmal ideal. Doch auf was sich die Nutzer mit dem Buchen einer Reinigungskraft einlassen, ist nicht immer transparent. Der kalifornische Putzdienst Homejoy etwa – Vorbild für Helpling – startete im Juni in Berlin und vermittelt inzwischen auch in München Reinigungskräfte. Die Website des unter anderem von Google finanzierten Unternehmens hat den Sprung nach Europa allerdings nur teilweise geschafft: Die Deutschland-Seite war bis vor kurzem in weiten Teilen englischsprachig, auch die für Nutzer wichtigen FAQ sind nicht übersetzt. Auf Deutsch hinterlegt Homejoy die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – und darin finden sich erstaunliche Sätze. Zum Beispiel: „Sie sind sich daher im Klaren darüber, dass Sie durch die Nutzung der Homejoy-Plattform ggf. Reinigungsdienstleistungen ausgesetzt werden könnten, die potenziell gefährlich, beleidigend, für Minderjährige schädlich, unsicher oder auf andere Weise anstößig sind und dass Sie die Dienstleistungen des/der Vertragsnehmer(s) auf eigene Gefahr nutzen.“

Verbraucherschützer sehen die im Kleingedruckten versteckten Nutzungs- und Haftungsbedingungen kritisch. „Das ist sehr intransparent“, sagt Jana Brockfeld, Juristin bei der Verbraucherzentrale Berlin. Dass sich auf der Internetseite kein Impressum findet, bezeichnet sie als „glatten Verstoß gegen das Telemediengesetz“. Den Nutzern werde auch nicht hinreichend deutlich gemacht, dass sie eigentlich zwei Verträge abschließen: einen Nutzungsvertrag mit Homejoy und einen Kundenvertrag mit der entsprechenden selbstständigen Putzhilfe. „Wir sind nur die Plattform, die die Abwicklung macht“, sagt dazu Homejoy-Deutschland-Chef Michael Riegel.

Wer haftet bei einem Schaden?

Doch was, wenn die Reinigungskraft etwas kaputt macht? Bei Helpling ist in der Vermittlungsprovision, die die Reinigungskräfte dem Unternehmen zahlen, auch eine Haftpflichtversicherung beinhaltet, wie Mitgründer Franke erklärt. Auch Homejoy wirbt mit einer Haftpflichtversicherung in Höhe von 3,5 Millionen Euro, die bei Sachbeschädigung oder Diebstahl einspringen soll. In den AGB und im Praxistest sieht das aber anders aus: „Nur aus Kulanz“ wollte Homejoy einen Kratzer auf dem Parkett beseitigen, den eine Putzhilfe hinterlassen hatte. Reguliert wurde der Schaden nach einem wochenlangen E-Mail-Wechsel am Ende nicht.

Wie die Reinigungskräfte ausgewählt werden

Nutzer können aber darauf hoffen, dass Schäden eher die Ausnahme bleiben. Bevor die Putzkräfte für Helpling, Homejoy oder Clean Agents an den Start gehen, werden sie geprüft. Bei Helpling müssen sie etwa in einem Online-Test ihre Kenntnisse unter Beweis stellen. Zudem reichen die Bewerber ihr Führungszeugnis, ihren Gewerbeschein und Referenzschreiben ein. Ähnlich läuft das laut Riegel auch bei Homejoy ab, nur dass hier noch ein Probeputzen ansteht – ein Führungszeugnis ist nicht nötig. „Das decken wir über die Referenzen ab“, sagt Riegel.

Das Geschäft mit der sauberen Wohnung per Knopfdruck scheint gut zu laufen. Bei Homejoy spricht man von einer „extremen Nachfrage“. Helpling expandierte im September – sechs Monate nach Markteintrittt – nach Brasilien. Auch Länder wie Frankreich, Schweden und die Niederlande stehen auf dem Programm. In Berlin sind bereits 200 Mitarbeiter in einem mehrstöckigen Gebäude in Mitte beschäftigt. Trotz der Größe verströmen die Büroräume Start-up-Flair: Auf jeder Etage gibt es bunt gestrichene Entspannungsräume. An den Wänden hängen zuhauf noch leere Ikea-Bilderrahmen. Im Erdgeschoss ist eine Wand mit Fotos von frisch gebackenen Helplingen gepflastert.

Verbände kritisieren die Arbeitsbedingungen

Viele dieser Reinigungskräfte haben bereits vorher ihr Geld mit Putzen verdient, andere sind Studenten oder Hausfrauen, die ihre Finanzen aufbessern wollen. Von üppigen Löhnen können die selbstständigen Reinigungsunternehmer aber nur träumen. Bei Helpling treten sie 20 Prozent des Stundenlohns ab – beim höchsten Satz von 14,90 Euro pro Stunde bleiben also 11,90 Euro. Bei Homejoy bekommen die Reinigungskräfte von den 15 Euro im Durchschnitt 11,80 pro Stunde – je länger sie dabei sind, desto mehr Geld gibt es. Von ihrem Lohn gehen noch einmal Sozialabgaben wie Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung ab, auch die Fahrtzeit ist nicht eingerechnet. So bleibt den selbstständigen Kräften ein Nettostundenlohn, der sich oft um die acht Euro bewegt, schätzt Jutta Jetzke vom Bundesverband haushaltsnaher Dienstleistungsunternehmen. „Das sind noch immer prekäre Verhältnisse.“ Auch der Verband der Gebäudereiniger kritisiert die Arbeitsbedingungen: „Anbieter arbeiten mit sogenannten Selbstständigen und umgehen so Tarifverträge und den Mindestlohn“, sagte der Geschäftsführer der Bundesinnung der Branche, Johannes Bungart, der „Wirtschaftswoche“

Vorzeige-Helpling Aneta scheint mit ihrem Geld auszukommen. Sie wohnt bei ihrem Freund, pendelt jedes Wochenende in die Heimat zu ihrer Tochter. „Ich komme gut über die Runden“, sagt sie.

Zur Startseite