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Wirtschaft: Herlitz freut sich über Investor

Mitarbeiter begrüßen Verkauf an Advent/Betriebsrat sieht neue Wachstumspotenziale

Berlin - Die meisten Herlitz-Mitarbeiter freuen sich über den Verkauf ihres Unternehmens an den US-Investor Advent. „Ich bin erleichtert. Damit ist die Zukunft des Werkes für die nächsten Jahre gesichert“, sagte eine Mitarbeiterin am Dienstag vor dem Werkstor am Stammsitz in Tegel. Die Empfindungen der Mehrheit ihrer Kollegen seien ähnlich. „Um den Arbeitsplatz haben wir jetzt weniger Angst.“ Sie glaube, dass viele Stellen erhalten bleiben, weil der Käufer ein internationaler Investor und kein Konkurrent aus der Branche ist. „Wir werden alle noch gebraucht. Ein Wettbewerber hätte als Erstes Arbeitsplätze abgebaut.“ Betriebsratschef Christian Petsch bestätigte die positive Reaktion der Belegschaft. „Die Stimmung ist gut.“

Am Montag hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass die neun Gläubigerbanken 64,7 Prozent des Grundkapitals an den amerikanischen Investor verkauft haben. Für die restlichen 35 Prozent, die sich im Streubesitz befinden, will Advent den Aktionären ein Mindestangebot in Höhe des Durchschnittskurses der letzten drei Monate zahlen. Aktionärsvertreter kritisieren diesen Plan und fordern die Kleinaktionäre zum Abwarten auf, um am Ende womöglich einen höheren Preis realisieren zu können. Am Montag war die Herlitz-Aktie, nachdem sie kurzzeitig vom Handel ausgesetzt worden war, von 4,60 Euro auf 5,49 Euro gestiegen. Am Dienstag ging es dann wieder auf 4,71 Euro abwärts.

Betriebsratschef Petsch hofft, der neue Investor werde in das Unternehmen investieren und Wachstumspotenziale erschließen. Mittelfristig könnte dann sogar zusätzliche Beschäftigung geschaffen werden. Zuvor kommen aber zumindest auf die in Berlin arbeitenden Herlitz-Beschäftigten Veränderungen zu. Vom Stammsitz in Tegel soll die Verwaltung und die Produktion von Briefumschlägen, Servietten und Ringbüchern mit rund 200 Arbeitnehmern ins brandenburgische Falkensee verlegt werden. Dort ist bereits das Zentrallager und der Versand sowie die Herstellung von Glückwunschkarten und Geschenkpapier aufgehoben. Rund 700 Personen arbeiten derzeit für Herlitz in Falkensee. Etwa 500 Mitarbeiter zählt die Hauptverwaltung in Tegel, in der Nähe des Borsigturms. Auch die Hauptverwaltung soll nach Falkensee umziehen. Die Immobilie in Tegel gehört den Banken und muss von Herlitz gemietet werden.

Der Standort in Falkensee dagegen gehört dem Unternehmen selbst und bietet reichlich Platz: Anfang der 90er Jahre war das riesige Logistikzentrum gebaut worden – ausgelegt auf einen Konzernumsatz von zwei Milliarden Mark. Zum Vergleich: Im vergangenen Geschäftsjahr erreichte Herlitz einen Umsatz von 335 Millionen Euro. Dazwischen lag die Insolvenz im Frühjahr 2002. Missglückte Ausflüge nach Russland (Papierfabrik), in das Immobiliengeschäft und den Papierhandel (Herlitz International Trading, HIT) hatten den traditionsreichen Konzern beinahe ruiniert. Der Schuldenstand lag 2002 bei 300 Millionen Euro, die Aktie war am Boden und die Banken übernahmen die 1904 von Carl Herlitz als Großhandlung für Papier- und Schreibwaren gegründete Firma. Die letzten Mitglieder der Familie Herlitz zogen sich Mitte der 90er Jahre aus dem Unternehmen zurück.

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