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Wirtschaft: ICC-Modernisierung: Politik blockiert die Messe Berlin

Die großen Pläne der Messe Berlin stecken im Entscheidungsstau der Großen Koalition. Auf diesen Nenner brachte Messe-Chef Raimund Hosch am Mittwochabend die Entwicklung des Messestandorts Berlin.

Die großen Pläne der Messe Berlin stecken im Entscheidungsstau der Großen Koalition. Auf diesen Nenner brachte Messe-Chef Raimund Hosch am Mittwochabend die Entwicklung des Messestandorts Berlin. Allerdings hat Hosch die Hoffnung, dass die Politik bis Ende Februar eine Entscheidung über die Modernisierung des Geländes rund um den Funkturm trifft. Dabei geht es im Wesentlichen um den Bau eines neuen Südeingangs, um zwei Hotels mit insgesamt 1000 Zimmern sowie um eine neue Halle, mit der die Ausstellungsfläche von derzeit rund 130 000 Quadratmeter bis Mitte 2005 auf etwa 160 000 Quadratmeter erhöht werden soll. Diese Halle sei unter anderem für die Bewerbung Berlins um das Pressezentrum der Fußball-WM 2006 erforderlich, sagte Hosch.

Um der Messe Berlin GmbH mehr finanzielle Spielräume zu verschaffen, bemüht sie sich seit langem um die Übertragung der Grundstücke vom Land Berlin auf die Messe. Hosch zufolge ist jetzt eine Lösung gefunden: Es werden zwei Grundstücksgesellschaften gegründet, eine Messe Berlin GmbH &Co KG und eine ICC GmbH & Co KG; Kommanditist beider Gesellschaft wäre das Land Berlin. Wenn alles so kommt, wie Hosch sich das vorstellt, führt die Übereignung der Grundstücke zu einer Erhöhung des Eigenkapitals der Messe, was wiederum die Voraussetzung wäre für die Baumaßnahmen auf dem Gelände: ein neuer Südeingang, eine neue Halle sowie ein Servicegebäude. Diese drei Projekte zusammengefasst kommen Hosch zufolge auf ein Investitionsvolumen von 300 Millionen Mark.

Aussteller erster und zweiter Klasse

Priorität hat der Südeingang. Da die in den 90er Jahren entstandenen Ausstellungshallen ein Kellergeschoss haben, will die Messe nun für den Südeingang rund neun Meter Erdreich abtragen, damit die Besucher gleich auf der "Kellerebene" das Gelände betreten können. Der gegenwärtig Zustand sei untragbar, da es "Aussteller erster und zweiter Klasse" gebe, die Besucherfrequenzen im Keller seien deutlich niedriger als im Parterre. Warum überhaupt Kellergeschosse gebaut worden seien, wisse heutzutage niemand mehr, sagte Hosch.

Die Situation sei inzwischen so prekär, "dass uns die Cash Cows abhanden kommen könnten". Geld bringen die internationalen Leitmessen: Funkaustellung, Grüne Woche, Tourismusbörse und Bautec. Um also endlich einen Südeingang zu bekommen, habe die Messe in den "sauren Apfel" gebissen und werde die Deutschlandhalle für acht Millionen Mark so umbauen, dass dort Eishockey möglich wird. Im Gegenzug kann die Eissporthalle abgerissen werden, so dass Platz für den neuen Eingang entsteht. Wenn die Politik mitspielt, soll in den nächsten Wochen abgerissen und schnell mit dem Bau begonnen werden; in zwei Jahren könnte der neue Südeingang fertig sein.

Einen größeren Zeithorizont hat Hosch bei der Ausweitung der Kapazitäten. Nach seinen Vorstellungen wird die alte Halle 26 abgerissen und durch eine neue ersetzt, was die Ausstellungsfläche insgesamt um gut 20 000 Quadratmeter auf 160 000 erhöhe. Diese Zusatzkapazität sei aus zwei Gründen erforderlich: Zum einen für die Fußball-WM; der Deutsche Fußballbund will für zehn Monate, von Oktober 2005 bis Juli 2006, 40 000 Quadratmeter für ein Fernsehzentrum buchen. Wenn Berlin dafür den Zuschlag bekäme, dann könnten im Jahr 2006 keine großen Messen stattfinden, da eben die 40 000 Quadratmeter gebunden seien. Zum zweiten komme Berlin aber auch langfristig nicht an einer Kapazitätserhöhung rum, da spätestens 2010 sieben Messen mehr als die heute vorhandenen 160 000 Quadratmeter beanspruchten. Neben den Cash Cows sind das die Schienenverkehrsmesse Innotrans, die Hometech für Weiße Ware (Haushaltsgeräte) sowie die neu entwickelte IQ-Universe, eine Veranstaltung rund um das Thema Bildung.

Zu den weiteren Plänen der Messe gehören Hotelbauten in der Nähe des Geländes. Für ein rund 100 Meter hohen Hotelturm direkt gegenüber des ICC gebe es derzeit vier ernsthafte Interessenten. Auch für zwei weitere, etwa 70 Meter hohe Hotels auf dem Hammarskjöldplatz gibt es Hosch zufolge Investoren. Schließlich sei auch ein Betreiber für ein Entertainment Center (Wellness-Einrichtung, Kinos, Bowling, Erlebnisgastronomie) in Sicht. Dagegen sieht Hosch den Bau einer "TV-Arena" in der Avus-Nordkurve, in der Fernsehshows stattfinden sollen, erst langfristig realisierbar. Alles in allem veranschlagt der Messechef die Investitionen für Hotels, Entertainment-Center und TV-Arena auf rund 1,5 Milliarden Mark.

ICC: Kostenvorschlag an den Senat

Zu den Spekulationen über die Zukunft des ICC - unter anderem war der Abriss ins Gespräch gebracht worden - sagte Hosch, die Messe habe dem Land Berlin ein "Angebot" über die Verteilung der Kosten gemacht. Das Kongresszentrum brauche im Jahr 50 bis 55 Millionen Mark für Instandhaltung, Sicherheit und Grundenergieversorgung, erwirtschafte jedoch nur 24 Millionen Mark. Bislang hat das Land als Eigentümer die Lücke von gut 30 Millionen Mark geschlossen, will diesen Betrag aber nun deutlich reduzieren. Hosch sieht da die größte Gefahr: Das Land könnte einem Investor einige Grundstücke überlassen, dafür übernimmt dieser das ICC inklusive Kosten. Dann bekäme aber nicht die Messe die Grundstücke, Bauvorhaben könnten nicht umgesetzt werden. In den kommenden drei Wochen erwartet Hosch eine Senatsentscheidung zu Gunsten des Messeplatzes.

alf

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