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Zurückhaltend und unaufgeregt. Aber seine Vision ist brisant: "Wir werden in Zukunft wissen, was Sie wollen", sagt Google-Chef Eric Schmidt.

© Reuters

Ifa: Googles brisante Vision von der Zukunft

"Ängstigend und faszinierend": Auf der Internationalen Funkausstellung erklärt Google-Chef Eric Schmidt, wie er sich die Zukunft vorstellt.

Berlin - Dass es auch schiefgehen kann, wenn man sich zu sehr auf Google verlässt, demonstriert Hugo Barra auf der Bühne. „Suche nach dem Museum mit dem ägyptischen Zeug in Berlin“, fordert der junge Google-Manager aus London sein Handy auf. Das Smartphone reagiert auf seinen Befehl, zeigt Suchergebnisse an. Zielsicher tippt Barra dann auf das Pergamonmuseum, um zu zeigen, wie einfach die sprachgesteuerte Suche mit Google auf dem Handy künftig sein soll. Dass Google ihn ins falsche Berliner Museum schicken will, wo es statt ägyptischem griechisches Zeug zu sehen gibt, hätte er erst vor Ort herausgefunden.

Aber Barra steht nicht auf der Museumsinsel, sondern in einem Vortragssaal in Halle 6 auf dem Messegelände unter dem Funkturm. Hier findet am Dienstag einer der Höhepunkte der 50. Ifa statt: Eric Schmidt, Chef des Internetkonzerns Google, hält den Schlussvortrag der Messe. Schmidt hat Barra mitgebracht, damit er die mobilen Anwendungen zeigt, an denen Google arbeitet, und die Produktmanagerin Brittany Bohnet, die das neue Fernsehprodukt Google TV vorstellt. Auf beides werden deutsche Nutzer noch eine Weile warten müssen, die Sprachsteuerung und GoogleTV wird es zuerst nur in den USA geben.

Während die Produktmanager voller Begeisterung zeigen, woran Google arbeitet, steht Eric Schmidt mit vor der Brust verschränkten Armen am anderen Ende der Bühne im Schatten. Anders als manchem US-Manager ähnelt der Auftritt des Google-Chefs nicht dem eines Fernsehpredigers. Schmidt sieht in seinem dunkelblauen Anzug eher aus wie der Buchhalter des Unternehmens. Er spricht mit ruhiger Stimme, faltet die Hände öfter wie zum Gebet. Aber seine Botschaften, die er so unaufgeregt vorträgt, sind dennoch brisant. Schmidt spricht vom nächsten großen Schritt in der Entwicklung der Internetsuche. Google will nicht einfach nur Suchergebnisse liefern, sondern Antworten geben auf die persönlichen Umstände, in denen sich der Nutzer befindet. „Wir denken, dass wir über diese Brücke gehen können: Verstehen, was Sie gemeint haben und ihr Problem lösen“, sagt Schmidt. Auf die Frage, wie das Wetter wird, werde es also zum Beispiel die Antwort geben: Heute brauchen Sie einen Regenmantel und müssen den Garten nicht gießen. Die Zukunft der Suche sei mobil, sagt Schmidt. Und das Smartphone ein mächtiges Gerät. Es ist das Tor zum schier unendlichen Wissen im Internet – und es weiß immer, wo der Nutzer gerade ist.

Schmidt ist sich offenbar bewusst, dass einige der 360 Zuhörer im Saal diese Datensammelwut beängstigend finden. Hierzulande haben sich Bevölkerung und Politiker heftig gegen den Google-Dienst Street View gewehrt, der Bilder von Häusern und ganzen Straßenzügen im Netz zeigt. „Die meisten Menschen werden diesen Dienst lieben“, versichert Schmidt.

Natürlich werde Google nur Daten sammeln, wenn der Nutzer die Erlaubnis dazu gebe. Dabei lässt Schmidt keinen Zweifel daran, dass er es dumm findet, darauf verzichten zu wollen. Wer Google entsprechende Daten zur Verfügung stelle, dem werde das Unternehmen in Zukunft zum Beispiel sagen können, was er als Nächstes im Fernsehen sehen will. „Wir werden es für Sie herausfinden“, verspricht Schmidt. „In Zukunft haben die Menschen Zeit zu tun, was sie gerne tun.“

Zu den Zuhörern gehört auch Sascha Lobo, Internetblogger und Autor. Er findet, dass Schmidt um die wichtigsten Sachen herumgeredet hat. „Es ist nicht klar, welche Strategie Google verfolgt, wenn es künftig sein Betriebssystem auf jedem Gerät laufen hat, dass die Leute zu Hause haben“, sagt Lobo. „Will Google in Zukunft auch meine Waschmaschine steuern?“

Es scheint fast so zu sein, wenn man Schmidt zuhört. Der Mensch müsse dem Computer helfen, aber der helfe dann den Menschen. Die Welt stehe dank der Internettechnik vor einer „goldenen Ära“, erklärt Schmidt. Und jeder habe Zugang dazu, nicht nur die Eliten. „In der Zukunft vergessen Sie nichts – weil der Computer sich alles merkt.“ Die Vorstellung sei ängstigend und faszinierend zugleich. Wie hartnäckig aber auch falsche Informationen sein können, hat Schmidt selbst erlebt. Sein Vorschlag, alle, die sich über kompromittierende Fotos oder Berichte im Netz ärgern, sollten einfach ihren Namen ändern, sei ein Scherz gewesen, erzählt Schmidt. Doch im Netz liest sich das nach wie vor anders.

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