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Wirtschaft: IG Metall will bis zu vier Prozent mehr Lohn

Peters spricht von „Forderungsempfehlung mit Augenmaß“/Arbeitgeber: Das ist „Schnee von gestern“

Berlin (alf). Der Vorstand der IG Metall hat am Montag den Gewerkschaftsbezirken eine Lohnforderung von „bis zu vier“ Prozent für die bevorstehende Tarifrunde empfohlen. Die Arbeitgeber wiesen diese Empfehlung der Gewerkschaft als überzogen zurück. „Alles Schnee von gestern“, sagte der Präsident des sächsischen Metallarbeitgeberverbands, Bodo Finger, dem Tagesspiegel.

Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters, sprach von einer „Forderungsempfehlung mit Augenmaß“. Der Gewerkschaftsvorstand sei bei der Empfehlung von einem gesamtwirtschaftlich verteilungsneutralen Spielraum von 3,3 Prozent ausgegangen. Dabei unterstellt die IG Metall im kommenden Jahr einen Produktivitätszuwachs von zwei Prozent und eine Inflationsrate von 1,3 Prozent. Da die IG Metall die Binnennachfrage unterstützen wolle, „müssen wir darüber hinaus“, sagte Peters. Die endgültige Forderung wird Ende des Monats aufgestellt, im Dezember beginnen die Verhandlungen. In die letzte Tarifrunde 2002 war die IG Metall mit einer Forderung von 6,5 Prozent gegangen; der Abschluss lag dann bei rund 4,0 Prozent (2002) und 3,1 Prozent (2003).

Peters forderte die Arbeitgeber zu zügigen Gesprächen auf, um „Unsicherheit und Unklarheit“ zu beseitigen. Er warnte vor Forderungen nach einer Rückkehr zur 40-Stunden-Woche. Das sei „Sprengstoff für diese Tarifbewegung“. Die IG Metall lehne es ab, über die Verlängerung der Arbeitszeit zu sprechen. Dagegen betonte der sächsische Arbeitgeberpräsident Finger, „wir brauchen eine Erhöhung des Arbeitsvolumens“, um die Arbeitskosten zu drücken. „Es geht ums Geld“, sagte Finger und äußerte sich skeptisch gegenüber Arbeitszeitkonten und -korridoren. Auch die Überlegungen von VW- Vorstand Peter Hartz, junge Mitarbeiter 38 Wochenstunden und ältere 35 Stunden arbeiten zu lassen, lehnte Finger ab. „Da kommt nichts bei rum.“ Für die Metallindustrie Ost beharrte Finger auf einer Festschreibung der 38-Stunden-Woche bis 2008.

Kannegiesser: Freiraum für Firmen

Auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, bekräftigte die Forderung nach einem flexibleren Umgang mit der Arbeitszeit. „Wir müssen ganz konkret die betrieblichen Gestaltungsspielräume erweitern. Wir denken dabei zuallererst an neue Optionen zur Regelung des Arbeitszeitvolumens“, ließ Kannegiesser in einer Erklärung mitteilen. Wenn die Tarifparteien das nicht schafften, würden immer mehr Unternehmen „ihr Heil außerhalb der Flächentarife suchen“. Kannegiesser wies ferner darauf hin, dass die IG Metall mit ihrer Produktivitätsprognose von zwei Prozent deutlich über den Erwartungen der Wirtschaftsforscher liege. „Damit verweigert die IG Metall ihren Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe und damit zur Stabilisierung der Beschäftigung“, klagte Kannegiesser. Die Metallindustrie kämpfe das dritte Jahr in Folge mit großen Schwierigkeiten. Seit dem Tarifabschluss 2002 habe die Branche mehr als 100000 Arbeitsplätze verloren. Da die Industrie einen tiefen Strukturwandel durchlaufe, „können wir uns das Vabanquespiel jährlicher Tarifrunden nicht weiter leisten“, sagte er. Dagegen betonte der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, seit dem letzten Tarifabschluss hätten sich die Lohnstückkosten „stabil entwickelt“.

Änderungen in der IG-Metall-Spitze

Unterdessen gibt es weitere Veränderungen an der Spitze der IG Metall. Der Justiziar der Gewerkschaft, Michael Blank, soll seinen Posten verlieren. In der IG Metall ist dem Vernehmen nach umstritten, ob das Justiziariat überhaupt wieder besetzt wird. Blank ist auch Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung, die ihren Sitz noch in Berlin hat, aber womöglich nach Frankfurt (Main) verlegt wird. Auch den Job an der Spitze der gewerkschaftseigenen Stiftung soll Blank abgeben. An seine Stelle dürfte Elke Eller-Braatz treten, bislang in der Frankfurter IG-Metall-Zentrale für den Ersten Vorsitzenden tätig. Den einflussreichen Posten von Eller-Braatz will Peters offenbar mit seinem Vertrauten Claus Matecki besetzen, der bislang die Abteilung Organisation führte. Matecki ist auch im Gespräch als Bezirksleiter für Berlin, Brandenburg und Sachsen, wenn der dortige IG-Metall-Chef Hasso Düvel im kommenden Jahr abtritt. Düvel hat als Streikführer die Niederlage im Arbeitskampf um die 35-Stunden- Woche zu verantworten.

Die IG Metall hat in Berlin, Brandenburg und Sachsen seit Jahresbeginn rund 13000 Mitglieder verloren; derzeit zahlen noch rund 200000 Metaller in den drei Bundesländern einen Mitgliedsbeitrag bei der IG Metall, teilte die Gewerkschaft auf Anfrage mit. Bundesweit zählte die Gewerkschaft Ende September – aktuellere Zahlen liegen nicht vor – noch gut 2,52 Millionen Mitglieder, das sind 117000 weniger als vor einem Jahr.

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