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Jürgen Fitschen

© dpa

Bankenpräsident Fitschen: Im Auftrag von Chefin Merkel

Jürgen Fitschen ist Co-Chef der Deutschen Bank. Seit Montag leitet er auch offiziell den Lobbyverband der privaten Geldinstitute. Carla Neuhaus hat ihn an seinem ersten Tag begleitet.

Von Carla Neuhaus

Die Banken, sagt Angela Merkel, hätten das Vertrauen „noch nicht in vollem Umfang zurückgewonnen“. Der Bankettsaal in der Akademie der Künste ist an diesem Abend bis auf den letzten Stehplatz mit Bankern in schwarzen Anzügen besetzt – doch die Kanzlerin blickt vor allem den einen in der ersten Reihe an: Jürgen Fitschen, Ko-Chef der Deutschen Bank und seit diesem Montag Präsident des Bankenverbands.

Das Ziel, das die Kanzlerin Fitschen mit auf den Weg gibt, ist das Gleiche, das auch er sich gesteckt hat. Den ganzen Montag über wiederholt Fitschen es wie ein Mantra – als müsste er sich selbst davon überzeugen. „Wir müssen das Vertrauen in die Banken zurückgewinnen“, sagt er. „Ohne Vertrauen ist alles nichts.“

Er sagt es am Abend beim Empfang mit Kanzlerin Merkel. Und er sagt es am Mittag bei seiner ersten Pressekonferenz als neuer Präsident des Bankenverbands. Das Lobbygremium, an dessen Spitze Fitschen die kommenden drei Jahre steht, vertritt die Interessen von 210 deutschen Banken, darunter kleine Regional- und Privatbanken und wenige große, international vernetzte Institute wie die Commerzbank oder Fitschens Haus, die Deutsche Bank.

Am Montagmittag sitzt Fitschen im dunkelblauen Nadelstreifenanzug mit lilafarbener Krawatte auf dem Podium im Sitzungssaal des Verbandes, eingerahmt von seinem Vorgänger Andreas Schmitz und Geschäftsführer Michael Kemmer. Fitschen spricht von dem Paradox, mit dem die Banken derzeit konfrontiert seien. „Die Umfragen unter unseren Kunden bestätigen, dass sie mit uns zufrieden sind“, sagt er. Das Bild in der Öffentlichkeit sei aber ein anderes.

An diesem Bild will er in den drei Jahren an der Spitze des Bankenverbandes arbeiten. In seiner neuen Funktion appelliert Fitschen dann an die Politik, bei der Finanzmarktregulierung Mäßigung walten zu lassen. „Ich glaube, dass es bei der Regulierung jetzt nicht darum geht, noch mehr zu tun“, sagt er. „Wir sollten erst einmal abwarten, wie das, was schon passiert ist, sich kumulativ auswirkt.“

Von Angela Merkel bekommt er dazu am Abend allerdings eine Abfuhr. „Wir haben versprochen, dass jeder Finanzmarktakteur und jedes Produkt weltweit reguliert wird“, sagt sie. „Davon sind wir noch weit entfernt.“ Statt weniger Regulierung rät sie Fitschen, seine Stimme dafür einzusetzen, damit die neuen Regeln auch international angewandt werden. „Es bringt nichts, wenn wir sie umsetzen und die anderen sich drum drücken“, sagt die Kanzlerin.

Gleichzeitig erwartet sie von Fitschen gar nicht erst, dass er immer ihrer Meinung sein wird. „Kontroversen bringen uns voran“, sagt sie und fügt leise hinzu „und ohne sie wäre es ja auch langweilig.“ Die Kanzlerin scheint sich darauf zu freuen, mit Fitschen zu streiten.

Und Streitthemen gibt es genug. Zum Beispiel wenn es um das Trennbankensystem geht, das die Gruppe um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen ins Gespräch gebracht hat. Das sieht eine klare Trennung des Investmentbanking vom Privatkundengeschäft vor und stellt damit das Geschäftsmodell einer Universalbank wie der Deutschen Bank in Frage. Fitschen lehnt es auch als Bankenpräsident konsequent ab. Es gebe bisher keinen Nachweis, dass das Universalbankensystem die Finanzkrise mitverursacht habe, sagt er.

Gleichzeitig verspricht Fitschen, in Zukunft zwischen seinen beiden Funktionen zu trennen. „Ich werde klar sagen, ob ich als Ko-Chef der Deutschen Bank oder als Bankenpräsident spreche“, sagt er. Dass sein Institut derzeit so stark in der Kritik steht, sieht er nicht als Hindernis für die neue Position. Dabei gab es erst am Montag wieder Schelte: Die Finanzaufsicht Bafin soll Insidern zufolge angesichts der Vielzahl von Problemen im eigenen Haus „nicht sehr glücklich“ mit dem Chef-Justiziar der Deutschen Bank, Richard Walker, sein. Zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen begründeten das gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters damit, dass er sehr weit weg in New York sitze und kein Deutsch spreche. Weil Walker kein Vorstand ist, kann die Bafin ihn allerdings nicht abberufen.

Auf die Probleme bei der Deutschen Bank spielt dann auch Kanzlerin Merkel am Abend an. „Als Bankenpräsident erwartet Sie eine belebte Tätigkeit“, sagt sie an Fitschen gewandt und fügt spitz hinzu, „wobei Sie ja auch so keine ruhigen Tage haben“. Darüber muss dann auch Fitschen lachen.

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