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Leere Kassen. Auch Deutschland bekommt die Folgen der Staatsschuldenkrise in Europa immer deutlicher zu spüren. Foto: dpa

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Wirtschaft: Im roten Bereich

Die deutsche Wirtschaft stagniert. Der Euro-Raum rutscht in eine Rezession.

Berlin - Die Konjunktur in Deutschland läuft immer schlechter. Zwischen Juli und Ende August wuchs die deutsche Wirtschaft nur noch um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Die schwächere Nachfrage hierzulande stürzte die Euro-Zone zum zweiten Mal binnen dreier Jahre in eine Rezession. In den 17 Ländern der Währungsunion ging das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal insgesamt um 0,1 Prozent zurück, nachdem es im Vierteljahr davor bereits um 0,2 Prozent gefallen war. Das berichtete die EU-Behörde Eurostat.

Auch in Deutschland geht der Trend in diese Richtung. Wirtschaftsfachleute halten eine Rezession in den kommenden Monaten für wahrscheinlich. Das wäre der Fall, wenn der Wert aller neu hergestellten Güter und Dienstleistungen zwei Vierteljahre in Folge zurückgeht. Nach Berechnungen des gewerkschaftsnahen Konjunkturinstituts IMK ist diese Gefahr im vergangenen Monat „rapide angestiegen“. Die Aufträge aus dem In- und Ausland gingen zuletzt verstärkt zurück, ebenso die Zahl offener Stellen, heißt es in einer neuen IMK-Studie zur Begründung. Hinzu kämen die immer schlechtere Stimmung der Manager sowie die dürftigen Aussichten für den Export in die kriselnden Länder der Euro-Zone.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet erst ab Mitte 2013 wieder mit ordentlichen Zuwachsraten – falls die Europäische Zentralbank (EZB) die Währungsunion bis dahin mit dem Kauf von Staatsanleihen stabilisiere. „Die deutsche Wirtschaft leidet offensichtlich an der Unsicherheit, die von der Staatsschuldenkrise ausgeht“, urteilte Krämer. Zwischen Oktober und Ende Dezember werde die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent zurückgehen. Die Deutsche Bank geht von einer ähnlichen Größenordnung aus.

Auch die Bundesregierung rechnet mit weniger Wachstum. Der Wert für das dritte Quartal „kann sich angesichts der bestehenden Unsicherheiten sehen lassen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Man gehe „in der näheren Zukunft“ von einer verlangsamten Entwicklung der Konjunktur aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet jedoch keine tiefgreifende Wirtschaftskrise. Sie äußerte sich nach einem Treffen mit dem französischen Ministerpräsidenten Jean-Marc Ayrault am Donnerstag in Berlin„sehr optimistisch“, dass „nach diesem kleinen Tal“ wieder Wachstum zu erreichen sei.

Italien und Spanien haben es dagegen bereits seit Jahresbeginn mit einer Rezession zu tun. Die dritt- und die viertgrößte Volkswirtschaft des Kontinents verloren nun 0,2 und 0,3 Prozent ihrer Leistung. Ein beträchtliches Minus von 1,1 Prozent vermeldeten auch die Niederlande. Dagegen legte Frankreich, das zweitstärkste Industrieland Europas, um 0,2 Prozent zu. Zuletzt hatte die Sorge in Deutschland zugenommen, Frankreich könne angesichts seiner Strukturprobleme bald in eine ähnliche Lage geraten wie andere südeuropäische Staaten.

Angesichts der Krise lässt auch der Preisauftrieb in der Euro-Zone nach. Die Inflationsrate lag im Oktober bei 2,5 Prozent, nach 2,6 Prozent im September, wie Eurostat mitteilte. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise durchschnittlich um 0,2 Prozent. Die EZB hält die Preise bei einer Rate von knapp zwei Prozent für stabil.

Jörg Asmussen, Mitglied im EZB-Direktorium, dämpfte Hoffnungen auf eine Erholung der Konjunktur. „Wir stecken in der Mitte eines Jahrzehnts der Anpassung“, sagte er in Berlin. Gleichwohl hätten die Euro-Staaten beim Kampf gegen die Krise „wichtige Fortschritte erzielt“.

Die Bundesregierung rief derweil hiesige Firmen auf, verstärkt auf junge Kräfte aus EU-Ländern zu setzen. „In Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 50 Prozent, und bei uns bleiben Ausbildungsplätze leer“, sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie will den Austausch von jungen Menschen und Firmen verbessern, Sprachkurse bezahlen, Eingliederungshilfen geben. Das liege im Interesse der deutschen Wirtschaft. Bis 2025 gehe die Zahl der Arbeitskräfte wegen der Demografie zurück. mit hej, bib

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