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Wirtschaft: In aller Ruhe

Zwischen den Jahren wird in vielen Berliner Betrieben gar nicht oder kaum gearbeitet

Berlin - Die letzten Tagen wirbelten die Conchiermaschinen eifrig im Kakao, nun ist es ruhig in der Schokoladenfabrik an der Waldstraße. Im Werk der August Storck KG in Reinickendorf wird in diesem Jahr nicht mehr gearbeitet. Überhaupt machen viele Berliner Betriebe zwischen den Jahren dicht. In der Vattenfall-Zentrale an der Chausseestraße ist nichts los und bei Siemens sind nur Service- und Wartungskräfte im Einsatz. Lediglich 29 Prozent der Deutschen arbeiten an diesen Tagen genauso intensiv wie sonst, ergab eine Umfrage des Büroraumvermieters Regus. Arbeiten an Heiligabend käme gar einer „Verschwendung von Zeit- und Energieressourcen“ gleich, da nur wenige Mitarbeiter anwesend seien und schon mittags wieder gingen.

Die Auftragslage ist im Zuge der Wirtschaftskrise bei vielen Firmen so stark zurückgegangen, dass manche ihre Mitarbeiter gleich für mehrere Wochen in Urlaub geschickt haben. Sprunghaft zugenommen hat zuletzt die Zahl der Kurzarbeiter: Bei der Bundesagentur für Arbeit sind rund 135 000 Anmeldungen eingegangen, saisonal üblich sind 30 000. „Wir zahlen in diesem Winter nicht nur Kellnern und Bauarbeitern Kurzarbeitergeld, sondern auch Automonteuren und Fabrikarbeitern“, erklärt John-Philip Hammersen von der Bundesagentur.

In Berlin ist Kurzarbeit mangels Industrie kaum ein Thema: Im Oktober, neuere Zahlen liegen nicht vor, sind nur 238 Anmeldungen hinzugekommen. Die hiesigen Dienstleistungsbetriebe beschäftigt dieser Tage mehr die Frage, wie viele Kräfte über die Feiertage an Bord bleiben sollen, ohne dass jemand Däumchen drehen muss. Das Dialogmarketing-Unternehmen adm in der Voltastraße beispielsweise plant den Einsatz seiner Call-Center-Mitarbeiter mit Hilfe von Erfahrungen. „Wir können sehr gut abschätzen, wie viele Kunden anrufen werden.“ Rund 40 Prozent der Mitarbeiter bleiben am Telefon, die anderen bekommen frei.

Die Wirtschaftsprüfer von KPMG werden dagegen etwas mehr zu tun haben, denn bis Monatsende müssen die Jahresabschlüsse ihrer Mandanten vom Tisch. Zudem sind Beratungsaufträge abzuarbeiten, mit deren Ergebnissen die Kunden 2009 angehen wollen. Viele Führungskräfte und höhere Angestellte großer Unternehmen widmen sich nach dem Fest schnell den Vorbereitungen für 2009. „Vor allem Vertriebsmitarbeiter nehmen über die Feiertage ihren Laptop mit und arbeiten freiwillig von daheim“, sagt Personalberater Günter Reinhold.

Genauso nutzen Verwaltungskräfte die ruhigen Tage zu allerlei Besorgungen, zum Beispiel bei Storck: „Nach dem Weihnachtsgeschäft ist Zeit, sich den Angelegenheiten zu widmen, die in der Schokoladenhochsaison zu kurz gekommen sind“, sagt Firmensprecher Bernd Rößler. Doch nicht wenige Arbeitsplätze müssen selbst an den Feiertagen rund um die Uhr besetzt bleiben – zum Beispiel in den Strom- und Heizkraftwerken von Vattenfall. Dort geht der Schichtbetrieb an Heiligabend und Silvester wie gewohnt weiter. Schließlich vertrauen dann Hunderttausende in der Stadt auf zuverlässigen Strom für den Weihnachtsbaum.

Andreas Menn

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