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Wirtschaft: Industrie startet Ausbildungsinitiative

DIHK will Lehrstellen finanzieren/Metall-Arbeitgeber in Niedersachsen füllen Millionenfonds

Berlin (asi). In den Streit um die Misere am Ausbildungsmarkt ist am Montag überraschend Bewegung gekommen. So will der Dachverband der Industrie und Handelskammern DIHK nach Informationen des Tagesspiegel in den kommenden Tagen mit den regionalen Kammern über eine eigene Finanzierung von Ausbildungsplätzen verhandeln. Zugute kommen soll dies Bewerbern, die im laufenden Ausbildungsjahr noch unversorgt sind. „Die Wirtschaft will sich ihrer Verantwortung nicht entziehen“, hieß es zur Begründung. Ziel der Initiative soll eine Versorgung aller Jugendlichen mit einem Ausbildungsplatz sein. Ob die Unternehmen, die keine Ausbildungsplätze bereitstellen, die Auslagen der Kammern später über höhere Beiträge finanzieren müssen, sei noch offen. Ziel sei es jedoch, dieses System der Vorfinanzierung durch die Kammerorganisation auch in Zukunft in Kraft setzen zu können, wenn sich im Sommer herausstellt, dass es zu wenige Ausbildungsplätze für die Schulabgänger gibt. Dabei sollen allerdings keine dauerhaften Strukturen oder ein Fonds eingerichtet werden. Durch solche Einrichtungen, hieß es beim DIHK, komme es zu einer „schleichenden Verstaatlichung der Ausbildung“, weil sich immer mehr Betriebe „freikaufen“ würden.

Auch BDI-Präsident Michael Rogowski reagierte am Montag mit einem eigenen Vorstoß auf die Drohungen der Bundesregierung mit einer staatlichen Zwangsabgabe. Die Einrichtung eines verpflichtenden Fonds der Deutschen Wirtschaft sei denkbar, sagte er. Es sei richtig, dass es Betriebe gebe, die ausbilden könnten, es aber nicht tun. Rogowski fügte hinzu: „Der Fonds könnte eine Lösung sein.“ Das sei besser als eine Abgabe, die genau das Gegenteil erreichen würde.

Die Einlassungen des Verbandspräsidenten wurden in Regierungskreisen als erstes Zeichen dafür gewertet, dass die Drohung mit einer staatlichen Abgabe zur Sicherung von Ausbildungsplätzen bereits wirkt. Erst einen Tag zuvor hatte der SPD-Parteitag beschlossen, der Industrie bis zum Herbst Zeit für eigene Initiativen zu geben. Sollten die Unternehmen die Ausbildungsplatzmisere nicht allein lösen, müsse die Bundesregierung über eine staatliche Zwangsabgabe entscheiden. Diese allerdings lehnt neben der Industrie auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ab. Wie es am Montag in Berlin hieß, sei das Wirtschaftsministerium deshalb an einer eigenen Initiative der Industrie interessiert. Nach den Daten der Bundesanstalt für Arbeit (BA) haben sich seit Beginn der Vermittlungssaison bis Ende April bundesweit 565 600 junge Menschen um eine Lehrstelle bemüht, etwa gleich viele wie im Jahr zuvor. Dem standen aber nur 413 600 angebotene Lehrstellen gegenüber, verglichen mit April 2002 ein Rückgang um zwölf Prozent.

Die niedersächsischen Metallarbeitgeber kündigten derweil an, mit finanzieller Unterstützung ihres Verbandes auf freiwilliger Basis zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Grundlage für das Ausbildungsprojekt ist eine Tarifeinigung zwischen dem Arbeitgeberverband Niedersachsen-Metall und der Gewerkschaft IG Metall. Diese sieht vor, dass 2003 landesweit in der Metall- und Elektrobranche 1107 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Bislang seien von den Betrieben erst 1000 Lehrstellen angeboten worden, sagte Dietrich Kröncke, Hauptgeschäftsführer des Metall-Arbeitgeberverbandes.

Um weitere 100 Lehrstellen zu erhalten, stelle der Verband einen Förderfonds von einer Million Euro zur Verfügung, jeweils 10000 Euro je Ausbildungsplatz. IG Metall-Bezirkschef Hartmut Meine sagte, wenn die Tarifparteien anderer Branchen dem folgen, könne man die Zahl der derzeit bundesweit fehlenden Lehrstellen drastisch senken.

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