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Inflation: Die Preise steigen immer schneller

Die Teuerungsrate ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht, bei Öl und Benzin werden Rekordmarken erreicht. Das drückt die Kurse.

Berlin - Die Inflation in Deutschland hat im Juni den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Die Verbraucherpreise stiegen um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Aufgrund des immer teureren Öls rechnen Fachleute in den kommenden Monaten mit noch höheren Raten. Zum Wochenschluss kostete ein Fass (159 Liter) Leichtöl in New York zeitweise mehr als 142 Dollar, so viel wie nie. Auch der Preis für einen Liter Benzin erreichte mit durchschnittlich 1,58 Euro einen Rekord. Die Börsen quittierten dies weltweit mit Kursverlusten.

Zuletzt war die Inflationsrate mit 4,2 Prozent im Dezember 1993 höher als im Juni. Vor allem Energie und Lebensmittel verteuerten sich. Wie die Statistiker auf der Basis von Daten aus sechs Bundesländern errechneten, wurde Heizöl um bis zu 69,3 Prozent teurer. Die Kraftstoffpreise überstiegen den Vorjahreswert um bis zu 16,4 Prozent, bei Diesel war es gar ein Drittel. Nahrungsmittel wurden um bis zu 8,8 Prozent teurer.

„Die Inflation ist derzeit die größte Gefahr für die Konjunktur, größer noch als die Folgen der Finanzmarktkrise“, sagte Christian Dreger, Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Tagesspiegel. Der Konsum der Bundesbürger werde unter der hohen Geldentwertung leiden und nicht zur Wachstumsstütze werden. Im ersten Quartal waren die Preise bereits schneller gestiegen als die Löhne. Der Gipfel bei der Inflationsrate ist noch nicht erreicht, befürchtet Matthias Rubisch, Deutschland-Experte der Commerzbank. „Die Teuerung dürfte weiter auf 3,5 Prozent steigen“, sagte er. DIW-Mann Dreger rechnet erst gegen Jahresende mit einer Beruhigung. „So niedrig wie in den vergangenen Jahren werden die Raten aber für lange Zeit nicht mehr sein“, erwartet er. Der gestiegene Lebensstandard in den Schwellenländern führe auf Dauer zu einer weltweit höheren Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energie. Angesichts der hohen Inflation wird die Europäische Zentralbank am kommenden Donnerstag vermutlich die Zinsen anheben.

Auslöser für den steigenden Ölpreis war die Prognose des Förderkartells Opec, das für die nächste Zeit Preise von bis zu 170 Dollar in Aussicht gestellt hatte. Hinzu kam Analysten zufolge der schwache Dollar. Vor einem Jahr kostete Öl halb so viel wie derzeit. Erst am Donnerstag hatte der Barrel-Preis die Marke von 140 Dollar durchbrochen. „Aus allen Ecken der Welt kommt die Nachfrage“, sagte Rainer Wiek, Chefredakteur des Energie-Informations-Dienstes. Zudem fließe viel Anlagegeld in den Rohstoffsektor. „Der grundsätzliche Preistrend geht weiter nach oben“, erwartet er.

An den deutschen Tankstellen löste die Entwicklung eine neue Preisrunde aus. Shell hatte als erste Kette gehandelt und den Literpreis für Benzin und Diesel um drei Cent erhöht und auf die hohen Beschaffungskosten verwiesen. Berlin gehört bei den Preisen aber dem Internetdienst clever-tanken.de zufolge zu den bundesweit günstigsten Städten.

Gazprom-Chef Alexej Miller hat als Reaktion auf die hohen Spritpreise vorgeschlagen, ein flächendeckendes Netz von Gas-Tankstellen in Europa zu errichten. Für das nächste Jahrzehnt sei keine bessere Alternative zum Öl als Gas in Sicht. „Versuche, die traditionellen Motortreibstoffe durch biologische zu ersetzen, haben nur zur Gefahr einer globalen Lebensmittelkrise geführt“, sagte er in Moskau.

Infolge des Ölpreisanstiegs rutschten die Börsenkurse ab. Nach dem dreiprozentigen Kurssturz des New Yorker Dow-Jones-Index am Donnerstag gaben am Freitag die Aktien in Asien nach: Shanghai büßte mehr als fünf Prozent ein, Tokio zwei, Hongkong 1,8 Prozent. Der Dax war mit einem einprozentigen Verlust gestartet, rettete sich aber auf die Nulllinie bei 6450 Punkten. Weltweit waren Autokonzerne die Verlierer. In Frankfurt am Main verloren Daimler- und MAN-Papiere mehr als drei Prozent. Der Dax hat damit binnen Wochenfrist zwei Prozent seines Wertes verloren.

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