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Inflation: Steigende Preise machen Angst

Nichts macht den Deutschen derzeit so viel Angst wie die steigenden Preise. Nicht einmal Terrorismus, Krieg oder Katastrophen. Das belegt eine Umfrage.

Berlin - Nichts macht den Deutschen derzeit so viel Angst wie die steigenden Preise. „Mehr als drei Viertel sind sich einig: Die allergrößten Sorgen bereiten ihnen die immens steigenden Kosten für das tägliche Leben“, sagte Rita Jákli von der R+V Versicherung am Donnerstag in Berlin.

Die Versicherung befragt seit 1991 alljährlich die Bundesbürger nach ihren größten Ängsten. Die Sorge vor steigenden Preisen ist dabei in den Umfragen seit vielen Jahren die Nummer eins. Dennoch ist Jákli in diesem Jahr überrascht: „Die Angst ist dramatisch gestiegen – von 66 auf 76 Prozent.“ Das ist der höchste Wert seit Beginn der Langzeitstudie vor 18 Jahren. Besonders groß ist die Angst vor der Inflation im wirtschaftlich schwachen Berlin: 81 Prozent der Berliner fürchten sich davor, dass das tägliche Leben für sie unbezahlbar wird – verglichen mit dem Vorjahr ist das ein Anstieg um sieben Prozentpunkte.

Im Auftrag der Versicherung hatte die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) im Juni und Juli 2500 Bundesbürger interviewt. Die Untersuchung ist nach Angaben der Versicherung repräsentativ und einzigartig in Europa. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Deutschen vor allem um die Wirtschaft sorgen. Die Furcht vor einer Verschlechterung der Wirtschaftslage ist die zweitgrößte Angst der Befragten. 58 Prozent und damit zehn Prozentpunkte mehr als 2007 glauben, dass es mit der Konjunktur bergab geht.

Weit verbreitet ist auch die Angst vor Naturkatastrophen. „Die Deutschen sind nicht daran gewöhnt, dass Starkregen ihren Keller überschwemmt oder ein Sturm das Haus abdeckt“, erklärt Jákli. Je häufiger das passiere, desto stärker beschäftige der Klimawandel die Menschen. Allerdings ist Deutschland in dieser Frage gespalten. Im Osten spielt die Angst vor Naturkatastrophen keine große Rolle. Einig sind sich die Befragten in Ost und West jedoch in ihrer Angst, später ein Pflegefall oder schwer krank zu werden. „Deutschland ist eine alternde Gesellschaft“, erklärt Professor Manfred Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg, die Zahlen. „Die Zahl der Pflegebedürftigen nimmt zu.“ Trotz der Pflegeversicherung sei das Risiko groß, dass man nach einem Pflegefall schnell in eine Notlage gerate – das gelte selbst für Besserverdienende.

Keine Angst haben die Deutschen dagegen vor Terror, Krieg oder Straftaten. Verglichen mit den Vorjahren spielen diese Themen heute kaum noch eine Rolle – trotz der ständigen Anschläge im Irak oder Afghanistan. Dass die Bundesbürger dennoch recht gelassen sind, liegt nach Meinung Schmidts vor allem an der zurückhaltenden Berichterstattung durch die Medien. Hinzu kommt, dass Deutschland bislang von Anschlägen kaum betroffen war.

„Hinter den Ängsten der Deutschen stecken reale Probleme“, meint Politologe Schmidt. Das gelte auch für die Inflation. „Wenn im Herbst oder Winter die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen kommen, wird das für Menschen, die knapp kalkulieren müssen, eine mittlere Katastrophe“, warnt er.

Die Angst vor Inflation sitzt tief in den Deutschen und erfasst – so die Ergebnisse der Umfrage – alle Teile der Bevölkerung. Dahinter stecke die Furcht, dass die Kalkulierbarkeit der Lebensführung verloren geht, meint Schmidt: „Die Deutschen haben ein außerordentlich starkes Sicherheitsstreben.“ Das gelte nicht nur für diejenigen, die die Hyperinflation in der Weimarer Republik und die Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Viele Bürger trauern der D-Mark nach und machen die Euro-Einführung im Jahr 2002 für Preissteigerungen verantwortlich.

Tatsächlich werden die Verbraucher auf Schritt und Tritt mit höheren Preisen konfrontiert. Im Juni und Juli dieses Jahres waren die Preise verglichen mit dem Vorjahr um 3,3 Prozent gestiegen. Im August hatte sich der Preisauftrieb zwar leicht abgeschwächt, die Preissteigerung hatte aber noch immer 3,1 Prozent betragen. Hauptkostentreiber sind die Energie- und Lebensmittelpreise. Von den Politikern erwarten die Deutschen wenig Hilfe. 51 Prozent der Bürger halten die Leistungen der Politiker für „mangelhaft“ oder „ungenügend“ – verglichen mit dem Vorjahr eine Verschlechterung um drei Prozentpunkte.

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