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Wirtschaft: Insider: Es gibt guten Grund zu zittern

FRANKFURT (MAIN) .Allmählich beginnt das Zittern.

FRANKFURT (MAIN) .Allmählich beginnt das Zittern.Bei den Banken in Frankfurt bekommen die Computerspezialisten und die Techniker feuchte Hände.Sie übernehmen in den kommenden Tagen das Kommando.Die EDV-Fachleute in den Banken stehen vor ihrer bislang größten Bewährungsprobe: dem Euro.Zwischen dem 31.Dezember gegen 15 Uhr und dem 4.Januar frühmorgens müssen die Programme in den Banken die neue Währung einführen.

Seit zwei Jahren bereiten sich die Banken auf das "Conversion Weekend" und die erste Euro-Woche vor.Eine falsche Zahl, ein falscher Knopfdruck und ganze Systeme laufen aus der Bahn - mit möglicherweise unabsehbaren Folgen für die Geldmärkte, vielleicht auch für einzelne Unternehmen."Wenn alles wie geplant läuft, reichen uns vier Tage", sagt Peter Wolf-Köppen, Euro- Koordinator der Commerzbank.Die Geldhäuser und die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt haben Glück, daß es ein richtig langes Wochenende ist.Jede Bank hat versucht, in Testläufen letzte Schwachstellen auszumachen.Bei der BHF-Bank war Ende November Generalprobe."Das ist eigentlich gut gelaufen", sagt Christian Thomczyk", Leiter der Projektgruppe Europäische Währungsunion (EWU)."Aber es gab schon noch einige Probleme." Die Deutsche Bank dagegen ist sicher, daß nichts schiefgeht."Alle Probleme gelöst", sagt Pressesprecher Detlev Rahmsdorf.

Bei der - demnächst auch weltweit - Nummer eins der Geldbranche dürfte der Aufwand am größten sein.Alle betroffenen Bankprodukte sollen global ab dem 1.Eurotag in der neuen Währung gehandelt werden können.2000 Mitarbeiter müssen deshalb rund um den Globus am kommenden Wochenende ran, nicht alle gleichzeitig, aber in mehreren Schichten, so daß der Bankbetrieb rund um die Uhr läuft.Mehr als 1200 Anwendungen werden geändert, mehr als 1000 Projekte sind ausgemacht.Rechnet man die gesamte Vorbereitung dazu, werden die Mitarbeiter der Deutschen Bank 1275 Mannjahre für die Umstellung der Geschäfte auf den Euro geschuftet haben - so als ob 1275 Beschäftigte ein Jahr lang ohne Unterbrechung durchgearbeitet hätten.Stolze 500 Mill.DM kostet die Euro-Umstellung Deutschlands größtes Bankhaus.Die Commerzbank will am Euro-Wochenende mit 200 bis 300 Leuten auskommen, von denen der größte Teil allerdings nicht in der Bank sitzt, sondern auf Rufbereitschaft zu Hause."Das ist die Kerntruppe, die jedes Jahr an Silvester den Jahresabschluß macht", sagt Wolf-Köppen.Insofern sei die Umstellung nichts Besonderes.

Zumindest mit der Kontenänderung von Kunden werden die Banker nicht übermäßig viel Arbeit haben, in allen Geldhäusern.Weil der Euro zum 1.Januar nur als Buchgeld, aber noch nicht als Bargeld verfügbar ist, lassen nur wenige Privatkunden ihre Konten sofort umstellen.Bei den Firmenkunden sind die Wünsche größer.Doch auch sie halten sich in Grenzen: 1500 bis 2000 sind es bei der Commerzbank.

Auch kleinere Banken wie die BHF-Bank sind am Wochenende voll ausgelastet: 200 bis 300 Mitarbeiter garantieren im Rechenzentrum des Geldhauses vom 31.Dezember bis 4.Januar den Betrieb rund um die Uhr.Weil mit allen Eventualitäten gerechnet werden muß, hat Euro-Koordinator Thomczyk in einem nahegelegenen Hotel etliche Zimmer reservieren lassen.5000 bis 7000 Wertpapiergattungen müssen umgestellt werden.Das ist mehr als nur ein maschineller Vorgang: Schon bei der Eingabe des Euro-Kurses - er wird am 31.Dezember gegen 13 Uhr 30 von der EU-Kommission bekannt gegeben, allerdings erst gegen 15 Uhr rechtsgültig bestätigt - gilt bei der BHF Bank das Sechs-Augen-Prinzip.Nicht nur Commerzbanker Wolf-Köppen hält das Umstellungs-Wochenende für eine spannende, aber nicht die spannendste Phase."Die beginnt am 4.Januar, wenn die Bank im Alltag ihre Euro-Tauglichkeit beweisen muß."

Grund zum Zittern gibt es nach Auffassung von Insidern auf jeden Fall.Bei keiner Bank seien die Tests ohne Probleme abgelaufen.Außerdem: Es geht nicht nur um die eigenen Systeme.Die Finanzwelt ist grenzüberschreitend so stark miteinander vernetzt, daß ein Fehler in einem anderen Haus auch das System einer anderen Bank - trotz umfangreicher Eingangskontrollen - lahmlegen kann.Ein Tippfehler in Portugal, eine Computerpanne in Belgien oder die Eingabe eines falschen Euro-Kurses in Rom können fatale Konsequenzen haben.

Daß dies auf keinen Fall passiert, will die Europäische Zentralbank (EZB) verhindern.Auch hier gilt für das Umstellungswochenende: Dienst rund um die Uhr.100 Leute sind im Eurotower zugegen, etliche stehen auf Rufbereitschaft.Wenn es irgendwo Probleme gibt, muß die EZB die nötige Hilfe leisten.Die Geburt des Euro soll schließlich reibungslos über die Bühne gehen.

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