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Wirtschaft: Investitionen für die Köpfe

„Deutschland ist reich. Wir können uns vieles leisten – aber nicht alles gleichzeitig“

Von Rolf Peffekoven Der Bundesrat hat die Debatte über die Eigenheimzulage verschoben. Das hat den SPDAbgeordneten Poß zu der Äußerung veranlasst, nur durch die Streichung der Zulage und die damit frei werdenden Mittel könne die Standortschwäche Deutschlands bei Bildung und Forschung bekämpft werden.

Über diese Behauptung kann man nur staunen, wenn man die Quantitäten vor Augen hat. Würde die Zulage zu Beginn des Jahres 2005 entfallen, dann würden sich die damit verbundenen Mehreinnahmen erst im Jahre 2012 in voller Höhe von etwa acht Milliarden Euro einstellen. Es gibt auch keine Zweckbindung der frei werdenden Mittel. Wenn also die Ministerin Bulmahn klagt, dass die Bildungschancen und die Zukunft junger Menschen verspielt würden, wenn der Eigenheimerwerb weiterhin gefördert werde, dann stellt sie Dinge in einen Zusammenhang, die nicht zusammengehören.

Würde die Eigenheimzulage gestrichen, dann stünden in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden zusätzliche Mittel zur Verfügung. Wie diese dann verwendet werden, muss politisch entschieden werden. Wenn den Bildungsausgaben hohe Priorität beizumessen ist, dann sind dafür Mittel zur Verfügung zu stellen – gleich, ob die Eigenheimzulage gestrichen wird oder nicht.

Zudem stehen die Vorstellungen der genannten Politiker auch im Widerspruch zu den Absichten des Bundesministers der Finanzen. Er sieht in der Streichung der Fördermaßnahme einen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts, die angesichts der desolaten Lage der Staatsfinanzen und der laufenden Überschreitung der Grenze für die EU-Defizitquote auch dringend geboten ist. Eichel hat die extrem hohe Verschuldung immer wieder auch damit begründet, der Bundesrat habe der Streichung der Eigenheimzulage nicht zugestimmt.

Die Politiker der Regierungskoalition müssten sich also erst einigen, wofür die Mehreinnahmen aus der Abschaffung der Zulage verwendet werden sollen – für Haushaltskonsolidierung oder für Bildungsausgaben. Beides gleichzeitig ist nicht möglich. Das Streichen der Zulage ist also keine finanzpolitische Wunderwaffe.

Die Diskussion zeigt, worum es in der Finanzpolitik derzeit geht: Die öffentlichen Haushalte müssen dringend konsolidiert werden. Das ist angesichts des geringen Wachstums und der hohen Arbeitslosigkeit nur über Ausgabenkürzungen möglich. Soll im Jahre 2005 die Defizitgrenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes endlich eingehalten werden, sind Ausgabenkürzungen von mindestens zehn Milliarden Euro erforderlich. Viel wichtiger – allerdings noch schwerer durchzusetzen – ist die qualitative Konsolidierung. In Anbetracht der Wachstumsschwäche, der demografischen Entwicklung und der Mängel im Bildungswesen sind die Prioritäten und Schwerpunkte der Finanzpolitik neu festzusetzen. Deutschland ist nach wie vor ein reiches Land und kann sich deshalb vieles leisten. Aber eben nicht alles gleichzeitig.

Professor Rolf Peffekoven ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft derUniversität Mainz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen.

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