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iPad: Apple: Der wahre Markenkern

Die Macht des Unternehmens wächst und wächst. Aber auch die Kritik nimmt zu. Wie steht es um Apple?

Seit Mittwochabend ist Apple das teuerste Technologie-Unternehmen der Welt. Der Börsenwert des kalifornischen Konzerns, dessen neuestes Produkt – der Tablet-PC iPad – an diesem Freitag in Deutschland auf den Markt kommt, stieg zum Handelsschluss der Wall Street auf gut 222 Milliarden Dollar (rund 182 Milliarden Euro). Das ist mehr, als Siemens, die Deutsche Telekom und SAP zusammen an der Börse auf die Waage bringen. Wichtiger als dieser Vergleich ist für Apple, dass der Erzrivale Microsoft auf Platz zwei zurückfiel. Ein Triumph für Apple-Chef Steve Jobs. Dessen Werbe- Credo „Think different“ („Denke anders“) zielte schon immer auch auf das Software-Imperium von Microsoft-Gründer Bill Gates.

Wie mächtig ist Apple?
Gemessen am PR-Rummel, den das Unternehmen und Steve Jobs entfachen, ist Apple einer der einflussreichsten Markenhersteller weltweit. Design, Mobilität, Komfort, Leistung – kein Technikproduzent hat seine Produkte (Computer, Mobiltelefone, Musik- Player, Tablet-PC, Software) so sehr mit Bedeutung aufgeladen wie Apple. Dabei ist es dem Unternehmen, das 2009 einen Gewinn von 8,2 Milliarden Dollar erzielte, gelungen, mit neuen Geräten neue Anwendungen und Märkte zu schaffen – auf denen wiederum andere Unternehmen Geschäfte machen.

Wirft man einen Blick auf die Marktanteile, die Apple in den verschiedenen Produktkategorien zufallen, sieht das Bild differenzierter aus. Auf dem PC- und Notebookmarkt bleibt Apple trotz starker Zuwächse ein Nischenanbieter. Deutlich besser sieht es beim iPhone aus. Das internetfähige Multimedia-Handy, das die Welt des mobilen Telefonierens revolutioniert hat, wird in der dritten Generation verkauft, die vierte („4G“) wird mit Spannung erwartet. Am 7. Juni präsentiert Apple seine Neuheiten in San Francisco. Jede neue Version hat Apples Marktanteil bei Smartphones erhöht, weltweit konnte der Hersteller insgesamt mehr als 50 Millionen Stück absetzen. Dennoch: Handy- Weltmarktführer Nokia und der Blackberry-Hersteller Research in Motion lagen im ersten Quartal 2010 vor Apple. Dessen Marktanteil fiel auf gut 16 Prozent. Dominanz sieht anders aus.

Das Maß aller Dinge ist Apple hingegen auf dem Online-Musikmarkt. Er funktioniert erst richtig, seit der digitale Musikspieler iPod und der iTunes-Store auf den Markt kamen. 21 Millionen Geräte wurden allein zwischen Oktober und Dezember 2010 verkauft. 70 Prozent aller Musik-Player kommen in den USA von Apple, schon seit 2008 ist das Unternehmen der wichtigste Lieferant von Musik in den USA. Rechnet man digitalen und konventionellen Musikvertrieb zusammen, kommt jeder fünfte Tonträger oder jedes fünfte Musikstück von Apple. Mit dem iPad wiederum erschließt Apple gerade einen ganz neuen Markt. Bis Anfang Mai wurden in den USA schon mehr als eine Million Geräte verkauft – nach nur 28 Tagen. Einer Infas-Umfrage zufolge kann Apple in Deutschland auf ein „mittelfristiges Marktpotenzial von gut drei Millionen Geräten“ hoffen. „Tablet-PCs gibt es schon seit Jahren, jetzt rollen sie den Computermarkt auf“, erklärte Bernhard Rohleder, Geschäftsführer des Branchenverbands Bitkom am Donnerstag.

Welche Kritik gibt es an Apple?
Je mächtiger ein international tätiger Konzern wird, desto lauter wird die Kritik an seiner Machtfülle. Da geht es Apple nicht besser als Microsoft oder Google. Unerfreuliche Schlagzeilen produzieren zum Beispiel aktuell zehn Selbstmorde bei einem taiwanesischen Apple-Zulieferer, dessen offenbar miserable Arbeitsbedingungen Apple nun überprüfen will. Steve Jobs muss sich außerdem in diesen Tagen gegen den Vorwurf wehren, das Musikgeschäft im Internet als Quasi-Monopolist zu dominieren. Das US-Justizministerium hat entsprechende Untersuchungen eingeleitet und geht Beschwerden der Musikindustrie nach. Am Diktat des US-Konzerns entzündet sich auch der Streit um Apples App-Store, eine Software, mit der Programme und Spiele auf das iPhone oder iPad geladen werden können. Mehr als 180 000 Applikationen sind verfügbar, mehr als vier Milliarden Downloads zählt die Statistik. Apple entwickelt die Apps meist nicht selbst, erteilt aber die Zulassung und kassiert 30 Prozent der Einnahmen. Ein gigantisches Geschäft – und ein Aufreger für die externen Entwickler. Ärger hat Apple zudem mit Wettbewerbern wie Nokia oder dem taiwanesischen Smartphone-Hersteller HTC, die gegen Patentverletzungen klagen, oder mit dem Hersteller der weit verbreiteten Flash-Software Adobe, der Apple vorwirft, den Wettbewerb zu behindern. Mit sehr gemischten Gefühlen registriert auch die Buch- und Verlagsbranche den Erfolg des iPads, das vor allem als Spiel- und Lesegerät eingesetzt wird. Apple hatte zusammen mit dem Gerät einen Online-Buchladen vorgestellt. Das könnte elektronischen Büchern den lang ersehnten Durchbruch verschaffen. Zudem bietet sich das iPad als Plattform für elektronische Versionen von Zeitungen und Zeitschriften an. Die Branche bekommt es aber mit einem Unternehmen zu tun, dass mit dem klassischen Medien- und Verlagsgeschäft nichts zu tun hat, jedoch über eine enorme Finanz- und Datenmacht verfügt – und die technischen Standards setzt. Das könnte ungewollte Abhängigkeiten schaffen.

Was sagt Apple über den Markt insgesamt aus?
Apple hat der Hightech-Industrie vor Augen geführt, dass ihre Maschinen von ganz normalen Menschen bedient werden müssen – nicht von professionellen Technikfreaks, die sich mit grauen Kisten und klobigen Geräten zufrieden geben. Styling und einfache Bedienung sind deshalb auch bei anderen Herstellern selbstverständlich geworden. Das schafft neue Nachfrage und Begehrlichkeiten. „Die Konsumenten sehen Computer als Notwendigkeit an und nicht mehr als Luxusware“, sagt Ranjit Atwal, Analyst beim Marktforschungsinstitut Gartner. Die Experten erwartet für 2010, dass vor allem auf mobiles Internetsurfen ausgelegte Geräte wie das iPad weltweit zehn Millionen Käufer finden werden. Der gesamte PC-Markt werde im laufenden Jahr um 22 Prozent auf knapp 377 Millionen Rechner wachsen. Der PC-Umsatz werde verglichen mit dem Vorjahr um ein Achtel auf 245 Milliarden Dollar klettern.

Apple wird auch beim iPad den Trend setzen, aber nicht lange allein bleiben. In den kommenden Monaten dürfte eine ganze Reihe von Konkurrenzprodukten auf den Markt kommen: Der Computerbauer HP hatte schon vor Apple ein Gerät namens Slate versprochen, auch Konkurrent Dell will einen Tablet-PC verkaufen. Das Berliner Unternehmen Neofonie hat ebenfalls einen flachen Minicomputer angekündigt. Berichten zufolge plant zudem Medion ein solches Gerät – als Lieferant von Aldi.

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