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Jahreswirtschaftsbericht: Schneller wachsen

Die Bundesregierung und die Industrie glauben an die Erholung der Wirtschaft – die EZB ist noch vorsichtig.

Düsseldorf/Berlin - 2010 wächst die deutsche Wirtschaft um 1,5 Prozent. Das jedenfalls glauben die Experten der Bundesregierung in ihrem Jahreswirtschaftsbericht, der Ende Januar veröffentlicht wird. Wie das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen erfuhr, hätten sich die Abteilungsleiter der beteiligten Ministerien auf diesen Wert verständigt und damit die ursprüngliche Prognose von 1,2 Prozent nach oben korrigiert.

Änderungen seien beim noch ausstehenden Kabinettsbeschluss nicht zu erwarten, hieß es weiter. Bei ihrer Korrektur nach oben setzt die Regierung offenbar vor allem auf das jüngst beschlossene Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Den Kreisen zufolge erhofft man sich davon 2010 einen zusätzlichen Impuls von sechs Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstumsplus von 0,25 Prozentpunkten.

Noch zuversichtlicher zeigte sich am Donnerstag die deutsche Industrie. „1,5 bis zwei Prozent Wachstum ist die Prognose, die wir für realistisch halten“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Hans-Peter Keitel, „vielleicht sind es auch 2,1 Prozent.“ Keitels Hoffnungen ruhen, wie vor der Wirtschaftskrise, auf den deutschen Exporten. Diese könnten deutlich stärker als vier Prozent wachsen, erklärte der BDI-Chef. Doch trotz der relativ positiven Perspektive könne man noch nicht von einem selbsttragenden Aufschwung sprechen. Noch beruhe das Wachstum sehr auf Konjunkturprogrammen der Regierung.

Der BDI sieht Deutschland in einer wirtschaftlichen Übergangsphase: Nach der Zeit, in der mit Rettungsprogrammen die Krise zu bekämpfen war, und vor der Rückkehr zu normalen Zeiten. Es komme nun darauf an, die Basis für ein längerfristiges Wachstum von mehr als zwei Prozent im Jahr zu legen, forderte Keitel.

Als ein gravierendes Konjunkturrisiko neben dem Eurokurs und der Preisentwicklung bei den Rohstoffen nannte der BDI-Präsident die Finanzierungsprobleme in Teilen der Wirtschaft, die in den nächsten Monaten eher noch zunehmen würden. Keitel beklagte in diesem Zusammenhang, dass bislang noch kein Konzept für den von der Deutschen Bank vorgeschlagenen Fonds für Kapitalhilfen an den Mittelstand vorliege. Bankchef Josef Ackermann hatte Anfang Dezember beim Krisengipfel im Kanzleramt den Fonds ins Gespräch gebracht. Er sollte mit bis zu 300 Millionen Euro gefüllt werden. Keitel zufolge sei verabredet worden, dass vor Weihnachten ein Konzept auf dem Tisch liegt. „Dieses Papier habe ich bis heute noch nicht gesehen“, erklärte der BDI-Chef. Das sei enttäuschend. „Es wäre schade, wenn es bei einem Ankündigungseffekt bleiben würde.“ Ackermann antwortete am Abend auf die Kritik des BDI-Chefs. Noch im laufenden ersten Quartal soll der deutsche Mittelstand auf den vereinbarten Fonds zugreifen können, versicherte Ackermann beim Neujahrsempfang seiner Bank in Berlin.

Anders als Politik und Industrie scheinen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) dem Aufschwung noch nicht zu trauen. Am Donnerstag jedenfalls beließ die EZB den Leitzinssatz unverändert auf dem Rekordtief von einem Prozent. „Die derzeitigen Zinsen bleiben angemessen“, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet in Frankfurt. Der französische Zentralbanker attestierte der Konjunktur des Euroraums für das laufende Jahr lediglich eine „graduelle“ Erholung. Die Unsicherheit beim Konjunkturausblick sei weiter gegeben.

Unterdessen rechnet auch die französische Regierung mit einem deutlich besseren Konjunkturverlauf als bisher vorhergesagt. Paris werde seine Prognose für 2010 von 0,75 Prozent „fast verdoppeln“, kündigte Premierminister François Fillon am Donnerstag an.dcl/rtr

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