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Wirtschaft: Jeder Vierte arbeitet zum Niedriglohn

In keinem westlichen Land gibt es mehr Geringverdiener als in Deutschland, sagt eine neue Studie.

Berlin - Deutschland führt, aber Ruhm dürfte es dafür nicht ernten: Der Anteil der Niedriglöhner unter den Beschäftigten ist in keinem westlichen EU-Land höher. So verdienten laut einer aktuellen Studie 2010 knapp ein Viertel der Beschäftigten hierzulande weniger als 9,54 Euro brutto pro Stunde. Nur im Osten der EU schafft ein Mitgliedstaat einen noch höheren Wert: Litauen mit 27,5 Prozent Geringverdienern.

Dies geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Der Untersuchung zufolge betrug 2010 der Anteil der Niedriglohnbezieher unter allen Beschäftigten in Deutschland 24,1 Prozent – was einer Zahl von 7,1 Millionen Personen entspricht. Die Quote lag in der Bundesrepublik höher als in Staaten wie Zypern, Bulgarien, Großbritannien und Polen. Dort lagen die Quoten zwischen 21,5 und 18 Prozent. Noch niedriger waren die Niedriglohnquoten in Belgien, Frankreich, Italien und den skandinavischen Ländern mit zehn bis zwölf Prozent.

Bezogen ausschließlich auf Vollzeitbeschäftigte lag der Anteil der Geringsverdiener in Deutschland mit rund einem Fünftel etwas niedriger, im EU-Maßstab aber immer noch vergleichsweise hoch. Dieser liegt bei knapp über 15 Prozent aller Beschäftigten.

EU-weit gibt es der Studie zufolge unter den Geringverdienern viele Frauen, Jüngere, Geringqualifizierte, Ausländer und befristet Beschäftigte. Dabei sind die Niedriglohnquoten von Frauen und Teilzeitbeschäftigten in Deutschland besonders hoch. Nach Erkenntnissen der Forscher zählen zu den Geringverdienern jedoch nicht nur Geringqualifizierte: Über 80 Prozent der Niedriglöhner in Deutschland haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Der „Trend zu mehr Lohnungleicheit“ werde fortgesetzt, sagten die Macher der IAB-Studie.

Der Bund der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnte hingegen vor falschen Schlüssen: Der Aufbau von Beschäftigung im Niedriglohnbereich schlage sich in zusätzlicher Beschäftigung und mehr Erwerbschancen vor allem für Langzeitarbeitslose nieder. So sei der Niedriglohn oftmals ein Einstiegsgehalt, dass die Arbeitnehmer schnell hinter sich ließen. Dank flexibler Beschäftigungsformen sei so die Zahl der Arbeitslosen gesunken. Marc Röhlig

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