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Jobcenter: Arbeitsunwillige: Wenn Sanktionen fehlen

Arbeitsunwillige in Berlin: 129 Arbeissuchende schlugen ein Angebot einer Reinigungsfirma aus. Neues im Fall Schwarz. Und was meinen Sie zu dem Thema? Diskutieren Sie mit!

Von Anna Sauerbrey

Berlin - 130 Arbeitslose schlug das Jobcenter Berlin-Reinickendorf dem Unternehmer Stephan Schwarz vor – und nur eine Frau wollte den Job am Ende. Mitten in der Debatte um Hartz IV eine brisante Sache. Doch wie dem Tagesspiegel aus dem Jobcenter zugetragen wurde, muss keiner der 129 Arbeitsuchenden, die nicht bei Schwarz anfangen wollten, mit Sanktionen rechnen – und zwar, weil das Unternehmen auf diese Möglichkeit verzichtet habe.

Die Firma GRG von Handwerkspräsidenten Schwarz habe mit dem Arbeitgeberservice im zuständigen Jobcenter Reinickendorf vereinbart, dass den Arbeitsuchenden mit der Einladung zu einer Jobbörse keine Rechtsbelehrung über mögliche Sanktionen zugesandt werden sollte, erfuhr der Tagesspiegel. Wird darauf verzichtet, sind nach Angaben der Arbeitsagentur keine Sanktionen möglich. Hartz-IV-Empfängern, die ein Angebot nicht annehmen oder zu einer Jobbörse nicht kommen, können die Bezüge gekürzt und gestrichen werden – aber eben nur nach entsprechender Vorwarnung.

Schwarz widersprach der Darstellung. „Wir wurden nicht befragt, ob es Sanktionen geben soll“, sagte er. „Dass der Arbeitgeber darüber entscheiden soll, ob Sanktionen erfolgen oder nicht, höre ich zum ersten Mal.“ Eine offizielle Bestätigung für die Tagesspiegel-Recherchen gab es nicht – aber auch kein Dementi. „Zum Fall Schwarz können wir aus Datenschutzgründen nicht Stellung nehmen“, sagte ein Sprecher der Berliner Arbeitsagenturen und Jobcenter lediglich.

Nach seiner Darstellung ist der Verzicht auf die Androhung von Sanktionen üblich. Einladungen zu Jobbörsen würden zwischen Unternehmen und Arbeitgeberservice abgesprochen. Dazu gehöre in der Regel eine Einigung darüber, ob die Rechtsbelehrung erfolgen solle. „Die Unternehmer verzichten oft darauf, mit Sanktionen zu drohen, da sie sich nur wirklich motivierte Mitarbeiter wünschen.“

Pikant wäre der Verzicht der GRG aber aus zwei Gründen. Zum einen könnte der Verzicht eine Ursache dafür sein, warum die Diskrepanz zwischen eingeladenen Arbeitsuchenden und tatsächlich eingestellten Mitarbeitern in diesem Fall so groß war. Außerdem hatte Handwerkskammerpräsident Schwarz, der den Fall zuerst in einer Talkshow über Hartz IV geschildert hatte, starke Forderungen aufgestellt: Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Arbeitslosen müssten konsequenter genutzt werden, sagte er. Der große Spielraum der Arbeitsvermittler bei der Entscheidung sei „ein Konstruktionsfehler der Hartz-Reformen“, hatte er dem Tagesspiegel gesagt.

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