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Wirtschaft: Jobs ohne Uniform Mechatroniker, zahnmedizinische Fachangestellte oder Bürokaufmann:

Was man beim Bund alles werden kann – ohne Soldat zu sein

Der blaue Info-Bus hat die Fenster vor dem Verteidigungsministerium in Berlin bereits aufgeklappt. Davor stehen Bierbänke, auf dem Tresen liegen Broschüren. Während des „Tags der offenen Tür“ ist der Bus der Arbeitsplatz von Isabella Wittig und Susan Arnold. Sie arbeiten in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr und informieren Schüler und Studenten über Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten.

Die jungen Frauen sprechen aus eigener Erfahrung, sie haben die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Mannheim besucht und eine Ausbildung für die Beamtenlaufbahn im gehobenen nichttechnischen Dienst der Bundeswehrverwaltung absolviert und mit dem Titel Diplom-Verwaltungswirtin abgeschlossen. Seit dem ersten Ausbildungstag sind sie Bundesbeamte und wurden schon während des Studiums entsprechend bezahlt. Los ging es mit etwa 900 Euro netto.

Zunächst hatte sie gar nicht an die Bundeswehr als Arbeitgeber gedacht, sagt Susan Arnold. Dass man dort auch eine zivile Ausbildung machen kann, erfuhr sie aus der Zeitung. „Viele junge Menschen, die zu uns an den Stand für Nachwuchswerbung kommen, sind überrascht, wie viele Möglichkeiten es bei der Bundeswehr gibt, auch ohne dass man als Soldat in Uniform dient“, erklärt die 25-Jährige.

Über 40 verschiedene Berufsausbildungen bietet die Bundeswehr im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich, im gewerblich-technischen Bereich und im Heil- und Pflegedienst an. Darunter fallen Fluggerätmechaniker, die etwa für die Instandhaltung von Hubschraubern und Militärmaschinen zuständig sind, Kraftfahrzeugmechatroniker für den Fuhrpark, zahnmedizinische Fachangestellte zur Betreuung von Bundeswehrangehörigen oder Bürokaufleute, die beispielsweise in der Personalverwaltung oder in der Buchhaltung arbeiten. 2010 gab es auf insgesamt rund 5 000 Ausbildungsplätze mehr als 26 000 Bewerber.

Das sind die aktuellen Zahlen. In Zukunft, wenn die gerade debattierte Umstrukturierung und Verkleinerung der Bundeswehr umgesetzt sind, könnte das anders aussehen. Ob dann auch die Nachfrage nach Auszubildenden im zivilen Bereich sinkt, vermag auch Eric Schnell nicht zu sagen. Er ist im Bundesministerium der Verteidigung zuständig für die zivile Personalwerbung. „Grundsätzlich gibt es natürlich eine gewisse Relation zwischen der Größe der Streitkräfte und der Größe des zivilen Bereichs. Der Umfang des Zivilpersonals hängt aber auch sehr vom Aufgabenzuschnitt ab.“

Alle Beschäftigten der Bundeswehr gehören dem öffentlichen Dienst an. Je nach Laufbahn und Ausbildungsstand sind sie Arbeitnehmer oder Beamte.

In Berlin werden zurzeit vier Ausbildungsberufe angeboten, darunter Verwaltungsfachangestellte und Medizinische Fachangestellte. Zudem gibt es in der Hauptstadt eine Bundeswehrverwaltungsschule. „Dort wird die Theorie der zweijährigen Beamtenlaufbahn-Ausbildung im mittleren nichttechnischen Dienst gelehrt“, erklärt Schnell.

Für die Berufsausbildungen ist ein sehr guter oder guter Haupt- oder Realschulabschluss die Voraussetzung. Je nach Beruf werden zusätzlich gute Noten in naturwissenschaftlichen Fächern, technisches Verständnis oder handwerkliches Geschick erwartet. Für die Beamtenlaufbahn des gehobenen Dienstes sind das Abitur und ein erfolgreicher Einstellungstest Bedingung. Für den höheren Dienst ist zusätzlich ein Uni-Abschluss notwendig.

Man muss nicht unbedingt Soldat gewesen sein, um bei der Bundeswehr zu arbeiten. Doch hilft es, die internen Strukturen zu verstehen. Die Verwaltungswirtin Isabella Wittig war selbst Soldatin, musste aber nach zwei Jahren wegen eines Unfalls ausscheiden. Um die Nähe zur Bundeswehr nicht zu verlieren, bewarb sie sich für die Beamtenlaufbahn.

Auslandseinsätze hat Isabella Wittig noch nicht mitgemacht, für Beamte sind sie nicht verpflichtend. Sie kann sich aber vorstellen, nach einer entsprechenden militärischen Weiterbildung etwa nach Afghanistan zu gehen. „Meine Aufgabe in der Verwaltung wäre dann, dafür zu sorgen, dass die Soldaten alles haben, um ihren Dienst zu verrichten, von der sauberen Uniform, über die Unterkunft bis hin zum Essen“, sagt sie.

Doch nicht nur militärische Einsätze können die Bundeswehrmitarbeiter ins Ausland führen. Sie können sich auch intern auf Jobs bei den Bundeswehrverwaltungsstellen oder diplomatischen Vertretungen im Ausland oder internationalen Organisationen wie der Nato bewerben.

Bevor es in ein paar Jahren vielleicht in die weite Welt geht, ist Isabella Wittig durch Deutschland getourt. Als Soldatin und während der Ausbildung wechselte sie ständig den Einsatzort. Auch jetzt, nach der Ausbildung, muss sie flexibel sein. „Die Personalstelle versucht persönliche Wünsche zu berücksichtigen, aber als Bundesbeamtin geht man dahin, wo man gerade gebraucht wird“, sagt sie.

Häufige Wechsel zwischen den unterschiedlichen Abteilungen der Bundeswehrverwaltung sind gewollt, um die Organisation besser zu verstehen. Auch können Bundeswehrbeamte während ihrer Laufbahn in ein Ministerium, zum Beispiel für Inneres, wechseln.

Aber auch in der freien Wirtschaft haben ehemalige Bundeswehrmitarbeiter gute Chancen. Der Flugzeughersteller EADS zum Beispiel stellt gerne Fluggerätemechaniker ein, die ihre Ausbildung bei der Bundeswehr gemacht haben. „Verteidigungstechnologie ist ein wichtiger Bestandteil unserer Produktpalette. Deshalb haben Spezialisten, die mit dieser Technik vertraut sind, gute Chancen bei uns“, sagt Recruitingchef Jörg Kutzim.

Dennoch ist die Bundeswehr kein „normaler“ Arbeitgeber, meint der Politologiestudent Michael Schulze von Glaßer. Der 23-Jährige hat für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) Analysen über die Rekrutierungsmaßnahmen der Bundeswehr verfasst und darüber ein Buch geschrieben. Ihn wundert es nicht, wenn sich junge Menschen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für ein bezahltes Studium oder eine gut bezahlte Ausbildung beim Bund entscheiden.

Doch er gibt zu bedenken: „Auch wenn man einen zivilen Posten in der Bundeswehr hat, ist man maßgeblich daran beteiligt, die Organisation am Laufen zu halten. Man unterstützt durch seine Arbeit zum Beispiel den Afghanistan-Einsatz“, sagt er. „Man weiß bei der Bundeswehr außerdem nie, was als nächstes kommt und welchen Einsatz man in Zukunft mittragen muss.“ Zudem könnten sich viele Jüngere nicht mit Werten wie Befehl und Gehorsam identifizieren, sagt er.

Die Ex-Soldatin Isabella Wittig sieht das anders. Mit strengen Hierarchien hat sie kein Problem. „Sie geben Sicherheit. Der Dienstgrad sagt mir, wie viel Erfahrung jemand hat und wie lange er dabei ist.“ Auch in der freien Wirtschaft arbeite man sich Schritt für Schritt vom Assistenten zum Geschäftsführer hoch.

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