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KARRIERE Frage: an Martina Perreng Fachanwältin beim DGB

Sind Fahrtkosten ganz zu zahlen?

Ich arbeite als Sozialarbeiterin bei einem freien Träger der Familienhilfe. Fast täglich suche ich Familien in ihren Wohnungen auf, unternehme etwas mit den Kindern oder begleite die Eltern bei Behördengängen. Für die Fahrtkosten zahlt mein Arbeitgeber im Monat pauschal 15 Euro brutto. Das deckt aber längst nicht die Kosten. Muss er nicht für den kompletten Aufwand aufkommen? Am 1. März endet mein Vertrag. Hätte ich, im Falle, dass er die gesamten Kosten übernehmen muss, Anspruch auf eine rückwirkende Erstattung?

Beschäftigte können vom Arbeitgeber Ersatz der Aufwendungen verlangen, die bei der Ausführung ihrer Arbeit erforderlich waren. Dies ergibt sich aus Paragraf 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Wer im Interesse eines anderen nicht vergütete Aufwendungen hat, kann dafür Ersatz von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist. Dass dies auch im Arbeitsverhältnis gilt, hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach bestätigt. Zu solchen Aufwendungen gehören auch Fahrtkosten, wenn diese bei der Ausübung der Tätigkeit entstanden sind, also Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Tätigkeiten sind.

Dies ist in Ihrem Fall gegeben. Sie können Ihre Arbeit nur ordnungsgemäß ausüben, wenn Sie mit dem Auto, Bus oder der Bahn unterwegs sind. Zwar kann der Arbeitgeber die Ansprüche pauschalieren. Wird in einer entsprechenden Vereinbarung aber ein unverhältnismäßig geringer Betrag angesetzt, kann sie nach Paragraf 138 des BGB sittenwidrig und damit unwirksam sein. Eine pauschale Abgeltung von Fahrtkosten in Höhe von 15 Euro, wie in Ihrem Fall, dürfte unangemessen und damit nichtig sein.

Sie haben deshalb Anspruch darauf, dass Ihnen die tatsächlich entstandenen Kosten ersetzt werden. Dafür sind Sie aber beweispflichtig und müssten genau belegen, welche Strecken von Ihnen aus dienstlichen Gründen zurückgelegt wurden und wie hoch die dadurch entstandenen Kosten sind. Ein Anspruch auf die Zahlung einer Kilometerpauschale entsprechend dem Steuerrecht würde voraussetzen, dass dies ausdrücklich vereinbart wurde, was gerade nicht der Fall ist.

Das Geld können Sie rückwirkend geltend machen, wenn in Ihrem Arbeitsvertrag keine anders lautenden „Ausschlussfristen“ vereinbart wurden, an die sich die Vertragsparteien halten müssen. Eine solche Frist kann auch in einem Tarifvertrag stehen. Gibt es keine solchen Fristen, können Sie Ansprüche innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen. Ende 2011 können Sie diese also bis einschließlich 2008 rückwirkend einfordern. Foto: Promo

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an Martina Perreng

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