zum Hauptinhalt

Jobs & Karriere: Das letzte Wort hat der Kunde

Agent im Callcenter ist inzwischen ein Ausbildungsberuf. Die IHK vergibt seit kurzem Abschlüsse. Die Aufstiegschancen der Absolventen sind gut

Introvertiert sollte man im Callcenter nicht sein. Kein Problem für Matthias von Brück. „Reden konnte ich schon immer gut“, sagt er mit sonorer Telefonstimme. Seit 18 Monaten macht der 22-Jährige eine Ausbildung zum Kaufmann für Dialogmarketing in Berlin. Eine Ausbildung, die es bis August 2006 nicht gab. Von Brück ist einer der ersten, die sich für Beratungen am Telefon mit einem IHK-Abschluss qualifizieren.

Einige Bedenken hatte er am Anfang schon. Nicht alle Kunden freuen sich über Telefonate mit Callcenter-Mitarbeitern. „Ich wusste selber, wie ich manchmal genervt war. Aber eigentlich bin ich überrascht, wie freundlich die meisten Kunden sind.“ Telefonieren muss von Brück allerdings nur noch selten. Inzwischen leitet der Azubi andere Mitarbeiter an, darunter viele Quereinsteiger.

Die Chancen, im Callcenter Karriere zu machen, stehen gut. „Immer mehr Unternehmen suchen qualifizierte Mitarbeiter in diesem Bereich“, sagt Birgit Kloock von der Industrie- und Handelskammer Berlin. Inzwischen gibt es sogar zwei Abschlüsse: die Ausbildung zur Servicefachkraft für Dialogmarketing dauert zwei Jahre. Wer einen kaufmännischen Abschluss haben will, muss noch einmal zwölf Monate dranhängen. „Ansonsten ist der Lehrplan in den ersten zwei Jahren gleich“, so Kloock. Rhetorik, sprachliche und schriftliche Kommunikation, Kundenbetreuung und Kundenbindung stehen auf dem Programm. „Im dritten Lehrjahr sind Personalführung, kaufmännisches Grundwissen, Marketing und Qualitätssicherung die Schwerpunkte.“ Auf einzelne Branchen, in denen die Callcenter-Mitarbeiter später arbeiten, kann man sich an der Berufsschule nicht spezialisieren. Dafür ist der Ausbildungsbetrieb zuständig.

Über die neuen Abschlüsse ist Andreas Buchelt, Personalvorstand des Regionalverbandes Arbeitsgemeinschaft Berliner und Brandenburger Callcenter (ABCC), sehr froh. „Früher hieß es immer: Telefonieren kann doch jeder. Doch das stimmt einfach nicht“, sagt er. Neben Fachkenntnissen über Handys oder BVG-Fahrpläne, die ein Callcenter-Mitarbeiter in seinem Betrieb haben muss, braucht er vor allem eines: gute Nerven. „Bis zu 100 Gespräche pro Tag und viele Beschwerden sind normal. Wer das nicht aushält, ist für den Job ungeeignet.“

Neben den mehrjährigen Ausbildungen gibt es auch Alternativen. „Die meisten Callcenter bieten zum Beispiel eigene Coachings an“, sagt Buchelt. Von allzu kurzen, gerade mal sechswöchigen Seminaren für Quereinsteiger oder Arbeitsuchende von privaten Weiterbildungsinstituten rät er allerdings ab, auch wenn die Agentur für Arbeit diese finanziert. Qualität brauche eben Zeit, so der Experte.

Doch nicht nur bei der Ausbildung hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Auch die Aufstiegschancen in Callcentern sind besser geworden. Team- und Projektleiter sind in der Branche gesucht. „Callcenter-Agenten können sich berufsbegleitend zum Callcenter-Teamleiter weiterbilden“, sagt Buchelt. Eine Möglichkeit bietet dazu die Industrie- und Handelskammer in Potsdam. In dem neunmonatigen Lehrgang wird vor allem Personalführung unterrichtet. Zusätzlich stehen betriebswirtschaftliche Grundlagen, Arbeitsrecht und Callcenter Technik auf dem Stundenplan.

Stefanie Hoffmann hat sich dagegen für die zwölfmonatige Weiterbildung zur Betriebswirtin im Callcenter Management entschieden. Nach ihrem ersten Studium des Informationsmanagements hat die 29-Jährige das Callcenter einer Internetfirma in Hamburg aufgebaut und leitet es heute. „Doch mir fehlt theoretisches Wissen“, sagt sie. Knapp ein Jahr lang pendelte Hoffmann deshalb jedes Wochenende von Hamburg zum Berliner Institut für Dialogmarketing (IDM). Dort büffelte sie Unternehmensführung, Personalmanagement und Marketing.

IDM-Leiter Horst Löffler ahnt, dass es vielen Teamleitern wie Stefanie Hoffmann ergeht. „Sie arbeiten intuitiv ohne das entsprechende Fachwissen.“ Doch die Nachfrage nach guten Mitarbeitern werde immer stärker: Kaum ein Unternehmen komme noch ohne qualifiziertes Callcenter aus, so der Experte.

Katharina Schönwitz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false