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Jobs & Karriere: „Fehler sind ein Signal von Stärke“

Peter Olsson berät Promis. Er schärft ihr Profil und erhöht ihren Marktwert. In diesem Interview erklärt er, wie man sich selbst vermarktet - und was man von Michael Ballack lernen kann

Michael Ballack, Eva Padberg, Tokio Hotel. Die Liste von Peter Olssons Kunden ist eindrucksvoll. Gegen seinen berühmtesten Klienten verblassen aber alle: Muhammad Ali. In Olssons Münchner Büro hängen und stehen mehrere Fotos der Box-Ikone. Auf einem steht, neben einer persönlichen Widmung: „All I did was stand up for what I believed.“ Ein Spruch, den auch der 45-jährige Schwede verinnerlicht zu haben scheint.

Herr Olsson, Sie beraten und vermarkten zahlreiche Sportler, Musiker und Moderatoren. Wann ist ein Star für Sie interessant?

Die Person muss ein Profil haben. Es gibt die verschiedensten Eigenschaften: wie zum Beispiel seriös, abenteuerlich, glaubwürdig. Einige davon muss man mitbringen, und sie sollten erkennbar sein. Die meisten Stars scheitern daran. Sie haben kein klares Profil, keine erkennbaren Interessen und übernehmen keine Verantwortung.

Kann man ein Image kreieren?

Nein. Anders als in Amerika kann man in Deutschland keine Persönlichkeit kreieren. Man kann nicht plötzlich jemandem einen anderen Haarschnitt verpassen. Bei Politikern oder Sportlern gab es früher oft mal den Versuch, ihnen durch Schwarz-Weiß-Fotos oder Designer-Klamotten ein anderes Image zu geben. Aber die Menschen durchschauen das. Als Berater kann man nur hervorheben, was tatsächlich vorhanden ist.

Wie findet man raus, was vorhanden ist?

Bei unseren Stars führen wir eine Marktforschung durch. Wir untersuchen, wie bekannt und beliebt ein Prominenter ist und welche Eigenschaften ihm zugesprochen werden. Davor steht aber immer ein Fragebogen mit mehr als 60 Fragen. Jeder meiner Klienten muss den ausfüllen. Einige machen das freiwillig, andere weniger freiwillig. Darin geht es um die Selbsteinschätzung. Bin ich introvertiert oder extrovertiert? Wo liegen meine Stärken? Was sind meine Schwächen? Was will ich eigentlich erreichen? Diese Fragen sollte sich jeder regelmäßig stellen.

Ist die Gefahr nicht groß, dass man sich dabei selbst belügt?

Es ist wichtig, ehrlich zu sein. Man sollte die Antworten auch keinem zeigen. Sonst tendiert man dazu, nicht die Wahrheit zu schreiben. In den Fragebögen meiner Klienten stehen viele vertrauliche Dinge, deswegen liegen die auch in meinem Safe. Keiner bekommt die zu sehen. Aber selbst wenn man nicht ganz ehrlich ist: Man beschäftigt sich mit seinem Image und seinen Zielen. Das ist der erste Schritt.

Wer von der Uni kommt und einen Job sucht, hat noch kein ausgeprägtes Profil. Wie entwickelt man das?

Ich rate dazu, sich am Anfang der Karriere zurückzunehmen, zuzuhören und alles aufzusaugen. Nicht gleich nach vorne drängen. Ein abgeschlossenes BWL-Studium, drei, vier Sprachen – das ist die Basis. Aber fachliche Kompetenz ist nichts wert, solange man nicht bewiesen hat, dass man die Theorie mit sozialer Kompetenz umsetzen kann. Junge Menschen ziehen zu viel Selbstbewusstsein aus dem, was sie in der Ausbildung oder an der Uni gelernt haben. Wenn sie danach aber in den Beruf gehen, sind sie Anfänger. Das darf man nicht vermischen.

Selbstbewusstsein ist gut, zu viel davon wirkt überheblich?

Richtig. Als Mensch sollte man Werte haben, diese erkennen und daraus Selbstbewusstsein ziehen. Und dann ist es wichtig, Kritik anzunehmen. Im Beruf macht man immer Fehler. Jeder scheitert irgendwann einmal. Die Frage ist nur: Bricht man zusammen – oder hat man die Kraft, wieder aufzustehen?

Kritik hört keiner gern.

Das muss man eben lernen. Man muss einerseits den Mut haben, nach vorne zu gehen und etwas zu präsentieren, andererseits aber auch Kritik zulassen. Man muss sich führen lassen und darf nicht beratungsresistent sein. Gerade und besonders am Anfang nicht. Wenn es gut läuft, findet man einen Mentor, der einem hilft. Dafür muss man offen sein.

Nehmen Ihre Stars Kritik an? Michael Ballack könnte ja sagen: Ich bin Vizeweltmeister, mehrfacher Deutscher Meister – ich lasse mir doch nichts mehr sagen.

Die nehmen Kritik an von Personen, denen sie vertrauen und die sie respektieren. Und ich rede hier von konstruktiver Kritik. Es darf nicht darum gehen, sich schlecht behandeln zu lassen.

Darf man selbst kritisieren?

Seinen Vorgesetzten? Das sollte man auch tun, aber diplomatisch. Ein guter Trainer sagt nicht: Deine Vorhand war Scheiße, und deswegen hast du verloren. Er sagt: Deine Vorhand war nicht so gut heute. Wir versuchen es jetzt mal mit einer anderen Technik, so dass du nächstes Mal gewinnst.

Wie geht man mit seinen Schwächen um?

Wenn der Chef oder ein Geschäftskunde auf einen zukommt, etwas fragt und man die Antwort nicht weiß: niemals etwas vortäuschen. Man muss den Mumm haben und sagen: Das weiß ich gerade nicht, aber ich mache mich schlau und komme schnellstmöglich auf Sie zurück.

Es ist nicht einfach, einen Fehler oder eine Wissenslücke zuzugeben.

Es wäre ein Fehler, wenn man es nicht täte. Ein Vorgesetzter oder ein Geschäftskunde, der mehr Erfahrung hat, durchschaut dich sehr schnell. Man muss sich treu bleiben und realistisch einschätzen, wo man in seiner Karriere steht. Ich würde keinem raten, etwas zu sein, was man nicht ist. Das wäre fatal, das könnte man auf Dauer nicht einhalten. Ich habe aber das Gefühl, dass sich viele Jugendliche heute eher ein Bein abschneiden, als einen Fehler zuzugeben. Dabei ist das ein Signal von Stärke und Menschlichkeit. Das sollte man sich trauen.

Wie wichtig ist ein Alleinstellungsmerkmal, eine Fähigkeit, die kein anderer hat?

Das entwickelt sich mit der Zeit. Das sollte man nicht vorher planen. Am Anfang gilt: alles aufsaugen, Gutes wie Schlechtes, nicht zu schnell ein Profil oder einen eigenen Stil entwickeln. Und man sollte bereit sein, auch „niedere“ Arbeiten zu erledigen, im Lager zum Beispiel. Man weiß nie, was dahintersteckt. Wenn man diese Tätigkeit nämlich genauso ernst nimmt und sie sorgfältig erledigt, sagt sich der Chef: Sieh an, der hängt sich hierbei so rein, dann wird er die großen Aufgaben noch besser bewältigen.

Ist es ratsam, eine Nische zu besetzen?

Auch das entwickelt sich. Es gibt eh nicht sehr viele Nischen, und die muss man sich erarbeiten. Ich treffe so viele Leute, die sagen: Ich mache jetzt eine Internetplattform auf, und dann verdiene ich 60 Milliarden Euro. Das hat noch nie funktioniert. Es gibt keinen kurzen Weg. Klar, mit sehr viel Glück entwickelt man ein zweites Red Bull. Oder man sitzt in einer Garage und gründet ein neues Microsoft. Aber davon gibt es so wenige Beispiele. Es ist und bleibt harte Arbeit.

Und es gibt keinen Karriereplan, den man vorzeichnen kann.

Es gibt ja immer diese Frage: Wo siehst du dich selbst in fünf Jahren? Aber niemand weiß, was die Zukunft bringt. Wichtig ist es, zu einer Firma zu gehen und zu wissen, warum man das jetzt gerade macht, was man dort lernen und erreichen kann. Es muss, für einen selbst, gute und klare Argumente geben. Und dann kann man schauen, was sich daraus entwickelt. Man sollte so schnell wie möglich herausfinden, was einem Spaß macht. Wenn man den Spaß findet, ist man automatisch zufrieden. Dann werden sich die Zukunft und die Perspektiven von allein auftun.

Gibt es etwas, das man von Ihren prominenten Kunden lernen kann?

Ein sehr gutes Beispiel ist die Karriere von Oliver Bierhoff. Vor dem habe ich großen Respekt, er hat aus seinem Talent 101 Prozent herausgeholt. Er galt lange als Talent, wurde dann nicht mehr als gut genug befunden und am Ende wurde er einer der erfolgreichsten deutschen Stürmer aller Zeiten. Auch in schlechten Zeiten, als er kritisiert wurde, ist er sich treu geblieben. Er hatte in der Bundesliga ja wenig Erfolg. Danach ist er nach Österreich gegangen. Das machten damals sehr wenige deutsche Spieler. Dort ist er besser geworden, war Torschützenkönig, und anschließend ist er nach Italien gewechselt. In die zweite Liga! Wer traut sich das? Dann kam Udine, er wurde wieder Torschützenkönig, vor Ronaldo, AC Milan holte ihn – und dort ist er schließlich italienischer Meister geworden. Dazwischen lag noch sein Golden Goal bei der Europameisterschaft 1996, und er wurde Kapitän der Nationalmannschaft. Diese Karriere konnte niemand planen. Aber Oliver hat immer an sich geglaubt und ist von seinem Ziel nie abgewichen.

Das Gespräch führte Marc Winkelmann. Ein Beitrag aus der Zeitschrift „Junge Karriere“

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