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Frage: Von Christoph Abeln Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ist Wettbewerb verboten?

Ich war zehn Jahre als Pharmareferent im Außendienst tätig. Nach Erhalt einer außerordentlichen Kündigung habe ich Kündigungsschutzklage erhoben. Nach drei Monaten bekam ich ein Angebot von einem anderen Pharmavertrieb und fing dort an, um meine Familie ernähren zu können. Mein alter Arbeitgeber kündigte mir daraufhin zum zweiten Mal außerordentlich – wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots. Geht das?

Da das Arbeitsverhältnis im Falle einer unwirksamen Kündigung rechtlich fortbesteht, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Pflichten weiter erfüllen und darf dem Arbeitgeber bis zum rechtlichen Ende seines Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz zu machen. Problematisch ist dabei natürlich, dass beide Seiten bis zur gerichtlichen Entscheidung im Ungewissen über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sind.

Der Arbeitnehmer kommt unvermeidlich in eine Zwangslage. Will er eine weitere Kündigung vermeiden, kann er keine Tätigkeit aufnehmen, die als Wettbewerb gewertet werden könnte. Sollte die Kündigung allerdings wirksam werden, wird er daran gehindert, sich seine Existenzgrundlage auf andere Weise zu sichern. Womöglich muss er sich vorwerfen lassen, es unterlassen zu haben, während des Rechtsstreits einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, wozu er vom Gesetz angehalten ist.

Nach der, allerdings umstrittenen, Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein Arbeitnehmer nicht vom Wettbewerbsverbot befreit, wenn der Arbeitgeber kündigt und der Arbeitnehmer die Kündigung gerichtlich angreift. Nicht nur der Arbeitgeber verhält sich widersprüchlich, wenn er seine ursprüngliche Kündigung für wirksam hält und gleichzeitig auf dem Wettbewerbsverbot besteht, sondern auch der Arbeitnehmer: Er kämpft um seinen alten Arbeitsplatz und macht gleichzeitig Konkurrenz.

Ob seitens des Arbeitnehmers ein vorwerfbares, schuldhaftes Verhalten vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Tritt der Arbeitnehmer lediglich in ein bestehendes Konkurrenzgeschäft ein, spricht viel dafür, dass es ihm nur um eine Übergangslösung geht. Wenn er dagegen selbst ein Konkurrenzgeschäft gründet oder mit aufbaut, manifestiert sich die Wettbewerbstätigkeit. Von einer Übergangslösung kann nicht mehr gesprochen werden, so dass diese Kündigung wirksam sein dürfte. Anders könnte der Fall aussehen, wenn der Arbeitnehmer auf den Verdienst unbedingt angewiesen ist – etwa, wenn er keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen hat – und ihm eine Arbeit außerhalb des Wettbewerbs nicht zugemutet werden kann.

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Christoph Abeln

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